In der Welpenphase bekommt man ein ungeheures Gespür für den Stoffwechsel (wie schnell braucht Futter bis es Aa is) und die Klobedürftigkeit seines Hundes.

Stubenreinheit

Hatte man am Anfang noch Probleme mit dem Geruch von Welpen A-a, legt sich das rasant. Welpenpipi vom Boden aufputzen und dabei welches auf die Hose bekommen spielt früher oder später nur noch eine untergeordnete Rolle. Es gibt so Blitzbirnen, die das Thema Stubenreinheit unglaublich schnell drauf haben, aber es gibt doch ab und zu einen Unfall. Besonders gern auf Teppiche.

Ich hatte das Glück einem Beaglewelpen das Thema Stubenreinheit bei einer Aussentemperatur von -15° zu erklären, es war der gefühlt kälteste Winter in meinem Leben.

Natürlich hatte ich nie Zeit mir etwas Warmes anzuziehen, ich fror also in dünnen Stoffhöschen neben meinem Hund, müssig zu erwähnen, dass ich keinen Garten habe, sondern auf der Strasse stand. Ich bin heute noch erstaunt, dass wir beide noch alle Extremitäten besitzen, damals habe ich mir geschworen nie wieder einen Welpen im Winter zu kaufen.
Das Thema Stubenreinheit kann man glücklicherweise recht schnell ad acta legen. Lotte war nicht mein erster Hund.

Das Knabbern

Aber was danach kam, übertraf meine kühnsten Erwartungen um ein Vielfaches. Wieviel Blödsinn im Hirn eines Hundes entfaltet werden kann, ist wahnsinnig! Lotte hat alles, aber wirklich alles angekaut. Keine Ausnahmen.

Es endete damit, dass sie dieses Antiknabberspray vom Boden aufleckte, was sicher nicht im Sinne des Erfinders war und sie anhand des Geruchs feststellen konnte, welche Stellen ich als unanknabberbar –aus welchen Gründen auch immer- hielt und sie feste hineinbiss.

In dieser Zeit stelle sich auch heraus, dass Hundespielzeug auf dem „unzerstörbar“ steht in weniger als drei Sekunden vollkommen zerstört werden kann. Sogar ein normaler Kong, seitdem haben wir nur noch „extreme“ Spielzeuge, die einem Rottimaul standhalten würden. Ich erwähne beiläufig, mein Hund wiegt zwölf Kilo. Kampfgewicht.
Lotte wäre ausserdem geeignet komplizierteste Operationen durchzuführen, sie schaffte es als einziger Hund einen Quietschigel praktisch ganz zu lassen und die Quietsche darin herauszuoperieren und zu fressen.

Der Duft der weiten Welt

In der Teeniephase lernte mein Hund Düfte kenne, von denen ich bis dato nicht wusste, dass sie existierten. Dieses Thema intensivieren wir hier nicht, aber ich betone, dass ich mir sehr bald einen sehr alten Anhänger für mein Velo kaufte, damit ich mit meinem Stinkebeagle nicht mehr in den Bus musste.

Besserwisser braucht das Land

Als Hundehalter legt man sich in dieser Phase ein unglaublich dickes Fell zu. Es steht ja schon in allen Hundebücher geschrieben, aber um den Hals dieser Biester hängt in dieser Zeit wirklich das Schild „Wegen Umbau geschlossen“ und es dringt nichts in diese Granitbirnen. Jedenfalls nichts anständiges. Als Hundehalterin kann man sich dann im Park alle paar Meter irgendwelche wahnsinnig unnötigen Tipps anhören.

  • „Nehmen Sie doch das nächste Mal eine Schleppleine mit, wenn ihr Hund nicht hört.“
  • „Bis vor 12 Minuten, als Sie noch nicht in meinem Dunstkreis waren, hat mein Hund die Pfeife noch bestens wahrgenommen und das implizierte Rückholsignal auch noch gekannt, mir ist schleierhaft, warums ihm jetzt entfallen ist.“
  • „Hunde darf man erst von der Leine lassen, wenn das Rückrufsignal bombenfest sitzt. Wissen Sie denn nicht, dass ihr Beagle ein Jagdhund ist?“

Was soll man darauf antworten? „Nein, besten Dank, dass Sie mich jetzt aufklären.“ oder „Der ist halt so“? Solche Gespräche passieren ja auch nicht einmal, nicht zweimal, nein, sie passieren dauernd. Was diese Leute nicht immer alles besser wissen. Fürchterlich. Finger in die Wunde.
Dummerweise hat man sich in dieser Phase schon so sehr an dieses Tier gewöhnt, dass man es nicht mehr hergeben möchte, egal, wie schlecht es sich benimmt. Reine Berechnung.

Denn es klappte wirklich nichts mehr, es war, als hätte jemand das Hirn aus meinem Beagle herausgepustet.

Es geschehen noch Zeichen und Wunder!

Irgendwann, wenn man sich ganz sicher ist, dass man selbst die gesamte Erziehung dieses Vierbeiner grandios versaut hat, passiert das Unglaubliche: Es funktioniert wieder alles, jedes Kommando, die Möbel bleiben ganz, meine Bücher wurden nicht mehr angekaut. Licht am Horizont, es wurden Kommandos selbstverständlich ausgeführt, die in grün-blau-rot geschminkte, kaugummikauende, rauchende Teenietussi verschwand aus meinem Leben. Ich liess sie nur zu gern ziehen.

Manchmal nervtötend, aber dennoch der beste Freund

Was man also als Hundehalter lernt: Leg dir ein dickes Fell zu, es kann richtig kalt und ungemütlich werden, nervtötend, aber irgendwann geht die Sonne auf. Und dann siehst du auf einmal das, was du an deiner Seite hast.

DEINEN Hund, mit allen Ecken und Kanten, Macken, Blödsinn, mit dem grössten Herz, dem lustigsten Witz und einer tiefen Liebe, die man nicht in Worte fassen kann, weil das, was Mensch und Hund auf einmal verbindet nicht das ist, was „Ich liebe dich“ bedeutet, sondern vielmehr ein tiefes Verständnis für die andere Spezies ist.

Das Wissen, niemals ein Hundekumpel zu sein und trotzdem liebster Spielgefährte, Trainingspartner und mehr.

Leider gibt es eine Sache, die man nicht lernt…

Was man als Hundehalter nicht lernt: Irgendwann, viel später, kommt der Moment „Leb wohl“ zu sagen. Es ist immer zu früh. Auf dem Boden in einer Tierarztpraxis zu sitzen und den letzten Atemzug zu hören, dieses leise Knistern, wenn das Leben schwindet. Der Moment, in dem man das eigene Herz zerspringen hört und am Ende mit einer schlaffen Leine und einem leeren Halsband aus dem Zimmer herausläuft und all die anderen Hundebesitzer, die dort sitzen genau wissen, was Sache ist. Die Hand unwillkürlich an ihren Hund legen, ihren Hund, ihre Begleitung und hoffen, dass sie diese Lektion nicht lernen müssen. In diesem Augenblick hilft auch das dickste Fell nichts mehr.

Ein Gastbeitrag von Alica Junker vom

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