Eine meiner engsten Freundinnen, die ihre berufliche Laufbahn als verbeamtete Lehrerin hinschmiss, um selbständige Hundetrainerin mit immer neuen thematischen Zusatzqualifikationen zu werden, kaufte sich vor rund zwei Jahren einen Hund:

  • Mojo, der Mops-französische Dogge-Mischling. Etwas eigenwillig, ständig sabbernd, dafür aber mit jeder Menge Charme und Charakter.
  • Auf Mojo folgte wenige Monate dank einer Spontanadoption Dingo, der Schäfer/Karpatenhund-Mix. Ängstlich, mit einem großen Defizit an menschlichem Vertrauen, hatten wir zwei dennoch auf Anhieb eine Connection.
  • Wie man unschwer erraten kann, ist auch meine Freundin ein Hundemensch. Als sie mir die bahnbrechende Neuigkeit berichtete, sie habe sich einen Hund gekauft, war ich ein stückweit „neidisch“, muss ich zugeben.

    Seit Jahren geisterte der Gedanke in meinem Kopf herum, eines entfernten Tages zum richtigen Zeitpunkt unter den bestmöglichen Rahmenbedingungen einen zu mir passenden Vierbeiner an meiner Seite zu haben. Sie hingegen lebte nach dem Motto: einfach machen! Und während sie sich ihren Traum vom Hundeglück mit zunächst kleinen Zwischenfällen bereits erfüllt hatte, tapste ich Welpen-like in der imaginären Wurfkiste herum und wartete auf den richtigen Moment. Dabei fühlte ich mich wie eine gute Bekannte, die seit gefühlt immer „auf den richtigen Moment“ zum Heiraten wartete. Zum Kinderkriegen. Zum Hausbauen. Gesetzt den Fall, bis dahin hatte sie den „richtigen Moment“-Mann abgepasst.

    Werde ich oder werde ich nicht, das ist hier die Frage!

    Der Hundewunsch sollte, das muss auch dem spontansten Menschen klar sein, ein durchdachter sein:

  • Im Normalfall setze ich schließlich auch nicht bewusst die Pille ab und rechne mir erst als Schwangere aus, dass mein kleiner Schatz neben unbezahlbaren Glücksgefühlen durchaus auch viele weniger bezahlbare Unglücksfälle verursachen kann.
  • So kaufe ich mir auch kein Haus, weil „ich immer schon Besitzer eines solchen sein wollte“, mir der Garten ach so gut gefällt oder die Küche mit beneidenswerter Sonderausstattung so exzellent zu Gesicht steht.
  • Und auch den teuren Sportwagen mit dem kleinen goldenen Pferdchen auf der Motorhaube, den ich „haben wollte, seitdem ich mit Barbies Traummobil durch die Gegend flitzte“, gibt es, weiß Gott, nicht geschenkt.
  • Ein Hund kostet ebenso wie ein Kind, ein Haus, ein Auto: Geld. Darüber hinaus Zeit und sicherlich auch Nerven. Jetzt mag manch ein Leser denken: „Und so jemand schimpft sich ‚Hundemensch’?“ Das hatten wir bereits geklärt. Ich bin nur eben ein ganz klein wenig überkorrekt. Ohne vorherige Recherche treffe ich selten Entscheidungen – Berufskrankheit! (Ich habe weder Kind noch Haus, meinen spontanen Autokauf von letzter Woche lasse ich hier unkommentiert…)

    Wenn man es mal rein rational betrachtet…

    Eines Nachts wachte ich auf und saß kerzengerade im Bett. „Lara, vielleicht ist es endlich Zeit für einen Hund!“, dachte ich – da ich oftmals auf Englisch denke, habe ich es mal frei übersetzt, denn mein English-thinking-Me war ein bisschen mehr „authoritative“. In dem Moment wurde mir klar, dass mir nur noch eines helfen würde: Eine ganz sachliche Liste, welche Argumente für die Anschaffung eines Hundes und welche wohl dagegen sprächen. Eine ganze Nacht lang schrieb und kritzelte ich Pros und Contras auf das Papier – diesmal auf Deutsch:

  • Pro: Ich finde Hunde großartig.
  • Contra: Sie benötigen viel Aufmerksamkeit, ich arbeite jedoch auch sehr viel.
  • Pro: Ich mag ihre Menschentreue.
  • Contra: Sie machen unfassbar viel Dreck.
  • Pro: Es sind so schöne Tiere.
  • Contra: Sie kosten wahnsinnig viel Geld.
  • Pro: Ich wollte schon immer einen Hund haben.
  • Contra: Bahnfahrten mit Hunden – no way.
  • Pro: Ich mag Hunde sehr, hatte ich das schon als Argument angeführt?
  • Contra: Tägliches Gassigehen bei Wind und Wetter.
  • Pro: Tolles Fell.
  • Contra: Nasses, stinkendes Fell.
  • Pro: Ich finde Hunde sind…
  • Contra: Mein Chef ist definitiv KEIN Hundemensch.
  • Pro: Also Hunde sind ja zudem…
  • Contra: Krankheiten, Flöhe, Würmer, Tierarztbesuche, Urlaub an Hundestränden, vielleicht nie wieder Urlaub, Fliegen mit Hund, Autofahren mit Hund, Hundesteuer, Freunde und Familie mit Allergien, mit Antipathien, mit Angst…
  • Liste gemacht: check. Liste ignorieren: check.

    Überspitzt dargestellt, wurde die rechte Spalte der Liste (A.d.R.: hier im Text auf dem Bildschirm als fortlaufende Liste dargestellt) im weiteren Verlauf um einiges länger als die linke, ein Ende schien kaum in Sicht. Rein objektiv betrachtet fielen mir immer weniger Gründe für einen Hund, dafür immer mehr Menschen und Situationen mit Hunde-Handicap ein und ich befand mich kurz vor einem ausgewachsenen Emo-Kater! Bevor ich mir den Kopf weiterhin darüber zerbrach, dass der perfekte Tag einfach noch nicht gekommen war, der richtige Zeitpunkt möglicherweise noch auf sich warten ließ und nicht die bestmöglichen Rahmenbedingungen herrschten, legte ich Zettel und Stift beiseite und hoffte auf einen traumlosen Schlaf. Am Morgen erwachte ich, kochte mir einen Kaffee, öffnete meinen Laptop und ignorierte gekonnt Laras Pro/Contra-Liste, die die Vernunftversion meiner selbst in nächtlichem Übereifer zu Papier gebracht hatte.

    Die Qual der Wahl…

    Mir war klar, für mich kam, sollte ich jemals zur Riege der Hundebesitzer gehören, nur eine Rasse in Frage: ein Australian Shepherd. Diese Entscheidung fiel vor einigen Jahren, als über diese Rasse noch nicht so viel gesprochen wurde, wie es heute der Fall ist. Modehund nennt man sie nun, überzüchtet, ihren Lebensumständen entfremdet. Zugegeben, ich hatte mich in jungen Jahren, hundeunerfahren wie ich damals war, einfach Hals über Kopf in einen Aussie verliebt. Es war diese Art von Liebe auf den ersten Blick, die einen ohne Vorwarnung trifft, bei der man nicht weiß, was auf einen zukommt, worauf man sich einlässt oder wohin das führt.

    Die meisten Australian Shepherds lieben das nasse Element.

    Die meisten Australian Shepherds lieben das nasse Element.
    Bild & Quelle: herzkamper-aussies.de, via Christina Köhler


    Aber, um pathetisch zu bleiben: Weiß man das in Sachen Liebe überhaupt jemals? Ich will es mal so sagen:

    Der Hund wacht nach einer durchzechten Nacht nicht „zufällig“ im Bett neben einer anderen auf oder heuchelt Liebesgeständnisse über bedeutungsschwangere Worte wie Traumfrau. Er erwartet auch nicht, dass du deinen Job aufgibst, dich um die Kinder kümmerst, seine Hemden bügelst und dich zur Firmenfeier in das Kleine Schwarze und die Hohen Hacken schmeißt.

    No offence, Jungs, aber ihr solltet ab und an vor Frauchen auch mal Männchen machen und nicht umgekehrt!

    Hundetest: Zu Ihnen passt zu 87,5% ein…

    Mir fehlte nur noch die „Berechtigung“, dass ein Australian Shepherd wirklich DIE Rasse war, die auch 100%ig zu mir passte – also machte ich einen dieser wahnsinnig zuverlässigen Hundetests auf einer dieser erlesenen Seiten im Netz, die mich a) ganz genau kennen und die b) meine Lebensumstände allumfassend einschätzen können. Die Fragen nach Fell und Größe waren eindeutig. Temperament – aktiv, bitte. Schließlich wäre sonst die Katzenalternative fällig.
    Hundesport? Na ja, keine Ahnung, ich kreuzte „soll sich für Hundesport eignen“ an.
    Wachsam? Ja bitte! Sollte einen eigenen Kopf haben.
    Jagdtrieb? Hmm… ich sah mich keuchend hinter meinem vierbeinigen Freund herlaufen. Die Antwort „ein wenig“ schien mir angebracht.
    Wahrlich schwante mir schon, dass ich mich meine Lebenssituation (Wohnung, Großstadt, keinerlei Erfahrung) weit vom Australian Shepherd entfernte. Mutig wählte ich „viel mehr als zwei Stunden“ Bewegung, sowie ein aktives Miteinander.

    Das Ergebnis war – bitte nicht falsch verstehen – enttäuschend: Statt meiner Traumrasse, soll ein Whippet, ein Elo, ein Eurasier, ein Kromfohrländer und ein Portugiesischer Wasserhund perfekt zu mir passen. Den Elo fand ich wirklich niedlich, den Eurasier schön, bei dem Rest musste ich erst einmal schlucken. Das war einfach nicht ich.

    Ich bedankte mich im übertragenen Sinne für die Mühe der Website-Betreiber, schloss das Fenster und rief die Seite von Google auf. Suchanfrage: Züchter + Australian Shepherd + Berlin. Sein Herz verschenkt man schließlich nur wenige Male im Leben…

    Australian Shepherd auf Wiese

    Helle, Red Merle Hündin aus Showlinien
    Bild & Quelle: herzkamper-aussies.de, via Christina Köhler

    Ein Gastbeitrag von Lara Schotten

    Von Lara ist ebenfalls bei Issn‘ Rüde! erschienen:

  • „Tut es nicht auch ein Fisch?“
  • Projekt Hund – Phase 1: Die Pro/Contra-Liste

  • Die Drei Fragezeichen
  • Das alles, und noch viel mehr…
  • Titelbild & Quelle: Nemo / Pixabay, creative commons public domain