Nachdem klar war, dass ich mein Herz an die Rasse Australian Shepherd verloren hatte, stellte sich mir die Frage, was ich über diesen Hund eigentlich wissen musste und wie ich auf dem schnellsten und besten Wege an die entsprechenden Informationen herankam. Dieses ominöse Internet, von dem man so viel in den Printmedien gelesen hatte, brachte mir zunächst alle Basics zur Herkunft, zum Aussehen, zur Aktivität sowie zu ihrer Aufgabe als Hütehunde bei. Ein sehr aktives Wesen, das viel Aufmerksamkeit braucht. Und das wollte ich ja. Ein Schoßhündchen sollte es schließlich nicht sein.

Eine der am häufigsten gestellten Fragen meiner Mitmenschen, je mehr ich im Zuge meiner Recherche vom Wesen des Australian Shepherds erzählte, lautete:

  • „Bist du dir wirklich sicher, dass DAS der richtige Hund für dich ist?“, gefolgt von
  • Platz Zwei mit „Du weißt aber schon, dass das ein absolutes Energiebündel ist?“ und
  • meiner Favoriten-Frage: „Ach, du bist neuerdings Extremsportlerin?“

Das verunsicherte kaum. Und ähnlich wie bei der Entscheidung für einen Hund im Allgemeinen, hörte ich dieses kleine Männchen namens Dr. Zweifel in meinem Ohr, das mich schon diverse Male beinahe von einer Entscheidung abgehalten hatte. Beinahe.

Wissen ist Macht!

In meinen Warenkorb bei diversen Online-Buchhandlungen (der stationäre Handel möge es mir verzeihen) hatte ich ein Dutzend Ratgeber gelegt, die sich teilweise nur darin ähnelten, dass sie offenbar alle den Wikipedia-Eintrag zu „Australian Shepherd“ auf ihre eigene Weise umgeschrieben hatten. So ein Australian Shepherd benötigt nämlich laut Ratgeber:

  • Nummer Eins: täglich mindestens sieben Stunden aktive Auslastung – er eignet sich besonders gut für Bergsteiger, Mountainbiker, Triathleten. Ein Glück, dass ich für den diesjährigen Iron Man quasi schon fit war. In meinem Kopf.
  • Nummer Zwei: Spaziergänge von jeweils bis zu zwei Stunden, Hüteaufgaben, Intelligenzspiele, Auslastung durch sportliche Aktivitäten.
  • Nummer Drei: Morgens, mittags, abends Spaziergänge von je einer Stunde; zweistündige Welpenstunde ungefähr drei Mal pro Woche, danach Hundeschule, tägliche geistige Auslastung des Tieres durch Intelligenzspiele, Fang- und Zerr-Einheiten sowie Flyball.
  • Nummer Vier: zusätzliche Obedience-, Agility- und Fährtenarbeitskurse sowie Canicross.

Fein, dachte ich, ich werde ab sofort der fitteste Mensch der Welt sein, dafür jedoch arm, da bei all den Auslastungen für meinen neuen Mitbewohner keinerlei Zeit für einen Job bleiben würde. Ratgeber Nummer Fünf verwies ebenfalls auf die mir durchaus bewusst hohen Ansprüche, die diese Rasse an einen Halter hatte, klang aber weniger nach Hunde-Workaholic und erlaubte sogar Ruhephasen für den Vierbeiner. Verrückt! Dr. Zweifel meldete sich, gar nicht mal so subtil, wie ich es gewohnt war. Eine meiner engsten Freundinnen, von der schon zu Beginn die Rede war, versuchte, mich ein wenig zu beruhigen – „Nein, den Mount Everest musst du nicht gleich mit deinem Hund besteigen“, versicherte sie. Für Indoor-Arbeitstätige waren diese Ratgeber, gab auch sie zu, jedoch offenbar nicht geschrieben worden. Wie das Parley-Recht bei den Piraten so handle es sich auch bei derlei Büchern eher um so genannte Richtlinien. Ich hoffte, sie meinte es ernst! Für einen ganz kurzen Moment war ich nämlich wieder bei der Katzen-Nummer angekommen.

Das Züchterinnen-Deb/Orakel

Nachdem ungefähr jeder in meinem nahen oder noch so weit entfernten Umfeld seine ganz eigene, natürlich vollkommen korrekte und auf gelesenen Fakten sowie nie getätigten Erfahrungen basierende Meinung zum besten gegeben hatte, entschloss ich mich, mit jemandem zu sprechen, der weniger zu den Theoretikern gehörte. Und wer konnte dies besser als eine Züchterin, die tagtäglich mit dieser Rasse zu tun hatte? Im Umkreis von Berlin und im schönen Brandenburg hoffte ich also auf Expertise – und fand einige Zuchten, die sich auf meine Wunschrasse spezialisiert hatten. Ich schrieb an drei davon eine ähnliche E-Mail, in der ich erklärte, dass ich mich nach langem Hin und Her dazu entschieden hatte, einen Hund zu „adoptieren“ sowie im GESPRÄCH mit einer erfahrenen Züchterin gerne erste Eindrücke zur Rasse und zum Leben mit einem Australian Shepherd sammeln würde. „Bücher zu lesen ist schließlich nicht das Gleiche“, schrieb ich weise. Wie gesehen.

(Für jeden Neuling auf diesem Gebiet möchte ich an dieser Stelle sagen: Das auf eine solche Bitte folgende Verhalten sagt eine Menge über den jeweiligen Züchter und die Einstellung gegenüber potenziellen „Käufern“ aus.)

Alle drei angeschriebenen Personen antworteten relativ zügig; eine schrieb: Liebe Frau Schotten, gerne können Sie mich besuchen, wenn Sie ernsthaft an einem Welpen aus meiner Zucht interessiert sind.“ Na, das konnte ich ja nun einmal erst dann sagen, wenn ich mir ein Bild von selbiger gemacht hatte. Weshalb ich schließlich um ein persönliches Gespräch gebeten hatte. Der Rest der Mail war ganz nett; man stecke mitten in der Wurfplanung, suche einen Rüden, sobald die Hündin gedeckt sei und der Abgabetermin in meine Planung passe, sei ich herzlich eingeladen. Kurzum: Ich sollte mich bitte noch drei Monate gedulden. Das war schlimmer als die Wartezeit für Kassenpatienten.

Selbst für eine Planungswütige wie mich war das ein bisschen zu viel Vorausorganisation, denn ich hatte ja lediglich um ein Gespräch gebeten und nicht um die Teilnahme am Deckungsakt.

Hör auf dein Bauchgefühl!

Züchterin Nummer Zwei war kein Mensch vieler Worte: „Sie können mich gern anrufen, um die wichtigsten Fragen zu klären.“ Klang nach: Auf meinem Hof will ich Sie aber erst dann sehen, wenn ein Australian Shepherd wirklich der richtige Hund für Sie ist.“ Hilfsbereitschaft wurde hier wahrlich groß geschrieben und das Interesse daran, die neuen Herrchen eines ihrer Welpen kennen zu lernen, ebenfalls. Time is money. In dem Fall wird mein money aber eben nie Deins sein.

Rückblickend betrachtet hatte die Züchterinnenfindung jedoch nicht besser verlaufen können, denn Befragte Nummer Drei antwortete nicht nur merklich freundlicher, sondern auch wesentlich kompetenter – sie hielt es für eine sehr gute Idee, ich sollte mir einen Termin und Fragen überlegen.

Zudem sollte ich ihre Hunde kennen lernen und wir würden uns Zeit nehmen, über Australian Shepherds zu reden. Das, Freunde, nennt man Hilfestellung!

Kurze Zeit später fuhr ich hinaus zum Nieplitzhof – die Zucht, die inmitten des riesigen Naturparks Nuthe-Nieplitz liegt. Hier wurde ich freundlich von der Herrin des Hauses empfangen und fühlte mich mehr als gut und, noch wichtiger, aufrichtig beraten.

Die Züchterin stand mir während eines knapp zweistündigen Spaziergangs mit drei ihrer Aussies (einer davon hieß passenderweise ebenfalls Lara und sollte später die Mutter meines Welpen werden) Rede und Antwort, gab Fakten zu bedenken, klärte mich über ihren Background und den der Zucht auf und hielt auch nicht mit eventuellen Schwierigkeiten dieser Rasse hinter dem Berg. Meinen Aussie wollte ich aus dieser Zucht und aus keiner anderen, entschied ich noch auf dem Heimweg, denn hier war ich nicht nur all meine Fragen, sondern auch Dr. Zweifel losgeworden.

Ein Gastbeitrag von Lara Schotten

Von Lara ist ebenfalls bei Issn‘ Rüde! erschienen:

Projekt Hund – Phase 1: Die Pro/Contra-Liste

Titelbild & Quelle: geralt / Pixabay, creative commons public domain