Wenn sich der Hund über die letzten Jahrtausende immer enger an uns Menschen angelehnt hat, bedeutet das, dass wir Menschen nun auch perfekt mit Hunden umgehen können? Marco Hanke von der Hundeschule Hanke zieht Bilanz.
Hund bleibt Hund? Sein Status im Laufe der Zeit
Noch vor einigen Jahrzehnten, diente der Hund dem Menschen als Nutztier, das erste domestizierte Tier, lange bevor es Ziegen, Schafe etc. wurden. In Zeiten der Armut musste der Hund nicht nur in der Landwirtschaft wie z.B. beim Ackerbau seine Dienste erbringen, sondern fungierte auch als Fleischlieferant (wie wir es auch aus Ländern wie China kennen), Karrenhund oder gar Kettenhund, um die Höfe zu bewachen.
Auch heute sehen wir die Hunde bei der Arbeit sinnvolle oder weniger sinnvolle Dienste verrichten. Man denke nur an Blindenhunde, Therapiehunde, Brand- und Drogenermittlungshunde, Rettungshunde oder auch Leistungsträger im Sportbereich.
Heute ist der Hund der beste Freund des Menschen
Hier und heute in Deutschland sehen wir den Hund als Partner, besten Freund, Familienmitglied und treuen Begleiter – und zwar in guten oder schlechten Tagen. Darin ähnelt eine Mensch-Hund-Beziehung auch der Ehe. Der Hund ist Tröster und manchmal auch Statussymbol. Romantik und Melachonie aus bekannten Hollywoodfilmen, falsche Züchterangaben oder sämtliche Literatur zu Hunderassen tragen hierzu bei und das nicht unerheblich. Angeblich leicht zu händelne Rassen werden eine Zeit lang „in“, was v.a. deren Züchter erfreut.
Ich möchte die Existenzen einiger Rassen in Deutschland nicht absprechen, doch sollten Hundehalter vor dem Kauf sich erst einmal informieren und gucken ob der Hund zum jeweiligen Menschen und Umfeld passt, denn das sind wir einem hochsozialen Lebewesen schuldig.
Es wird immer schwerer einen Hund artgerecht zu halten
So genannte „Hundehasser“, aber auch sensationsgeile Medien, „gut gemeinte“ Gesetze und der immer enger werdende Raum (insbesondere in Ballungsräumen) machen es uns als Hundehalter nicht einfach, sich immer angemessen und den Gesetzen entsprechend zu Verhalten.
Die Romantik einiger Hundehalter schwindet somit Tag für Tag. Leinenaggression, jagdliches Verhalten, Imponierverhalten, Ritualkämpfe, territoriales Verhalten lässt bei manchen Menschen schnell den Traum der Zweisamkeit verblassen.
Ist es die Unwissenheit? Verblendung? Vermenschlichung? Wir tun alles mögliche für unsere Hunde, große Zoofachmarktketten machen Mrd. Gewinne, es gibt unzählige Onlineshops zum Thema Hund, es gibt Hundemassagen, Naturheilkunde, Mode für den Hund, First Class Hundehotels, so genannte Freilaufflächen vor allem für Stadthunde u.v.m. Dennoch hat ein Großteil der Halter mehr oder weniger Probleme mit seinem Hund.
Hundetraining für ein besseres Miteinander
Heutzutage sind wir einige Schritte weiter, Menschen kommen zu uns ins Training und richten ihren Blickpunkt z.T. auf sich selbst und Hinterfragen ihr Handeln und Tun mit ihrem Hund. Mache ich alles richtig? Versteht er mich nicht?
Würden wir alles richtig machen gäbe es hierzulande keine Probleme und das Leben wäre mit einer 100% Harmonie sicher trist.
Auch (und insbesondere) die Menschen müssen sich hinterfragen
Die Frage, die sich hierzu parallel auftut: Machen wir Menschen im Zwischenmenschlichen Bereich alles richtig? Nein, den da wo Lebewesen aufeinander treffen, gibt es hier und da mal Konflikte, die es zu lösen gilt damit beide Parteien möglichst positiv auseinander gehen bzw. miteinander leben können. Können wir Zwischenmenschliche Konflikte auf die Arbeit mit unseren Hunden übertragen? Spiegelt sich unser Verhalten das wir Menschen gegenüber bringen auch auf unsere Hunde nieder?
Beispiel: Frau Müller und ihr Labrador Titus
Frau Müller geht mit ihrem Labrador Titus spazieren. Titus kann es gar nicht abwarten loszulaufen, natürlich mit ordentlich Zug an der Leine, Frau Müller kommt kaum hinterher. Das erste Aufeinandertreffen eines Artgenossen. Titus springt in die Leine und drückt sich mit beiden Hinterpfoten vom Boden ab und versucht seinem Kontrahenten zurechtzuweisen.
Frau Müller reagiert in hysterischer Weise mit wüsten Beschimpfungen gegen ihren Hund und prophezeit ihm, dass er am Abend ohne sein Premiumfutter in sein Designer-Körbchen gehen wird.
Die meisten von uns wissen, dass Titus gegen am Abend voll gefressen auf dem Rücken in seinem Körbchen schlummern wird.
Bewertung der Situation: Frau Müller ermuntert Titus zum falschen Handeln!
In brenzligen Situationen oder Konflikten mit ihrem Hund Titus wie auch im menschlichen Bereich verliert Frau Müller schnell die Contenance, bleibt nicht mehr bei sich oder versucht die Situation mit Souveränität zu meistern Titus hingegen wird durch Frau Müllers Verhalten hochgefahren bzw. motiviert alles richtig gemacht zu haben. Ihr Verhalten spiegelt sich u.a. auch auf die Menschen in ihrem Umkreis nieder. In stressigen Situationen oder auch zwischenmenschlichen Konflikten, verliert Frau Müller schnell die Fassung.
Eine Zwickmühle: wir tun alles für den Hund, aber manchmal halt nicht richtig
Die Frage, ob wir alles für unsere Hunde tun, beantworte ich in der Regel mit „Ja!“. Wir bieten unseren vierbeinigen Lieblingen eine tolle medizinische Versorgung, geistige wie auch körperliche Beschäftigung, viel (zu viel?) Luxus, gutes Futter etc, die Liste liesse sich endlos fortführen. Ob der Hund uns jedoch wirklich versteht, daran scheiden sich die Geister.
Dies soll kein Argument gegen Futter und Spielzeug sein – im Gegenteil! Futter wie auch Spielzeuge haben in der Hundeerziehung ihre Daseinsberechtigung und dienen oftmals wunderbar als Hilfsmittel aber eben nur als Hilfsmittel bzw. Motivator.
Die Mensch-Hund Beziehung ist ein komplexes Thema, welches uns noch die nächsten Jahrhunderte beschäftigen wird. Ich hoffe zum Positiven für den Menschen und den Hund, denn ohne ihn wären wir vom Entwicklungsstand nicht hier wo wir sind!
Wir Menschen müssen kein „hündisch“ lernen!
Menschen sollen kein „hündisch“ lernen. Jedoch sollten sie sich nicht nur um die körperlichen Bedürfnisse der Hunde bemühen, sondern auch ihre sozialen Eigenschaften durch sinnvolle geistige Beschäftigung stimulieren und eben manchmal deeskalierend auf den Hund einzuwirken.
Das setzt natürlich voraus, dass man sich damit beschäftigt, welche Aktivitäten für welche Hunderasse sinnvoll und geeignet sind. Da sind wir als Herrchen und Frauchen in der Pflicht!
Zurück zu Frau Müller
Ihr Hund wird an der Leine bei einem aufeinander treffen eines Artgenossen „hysterisch“, denn leider hat sich Frau Müllers Verhalten in Stresssituationen auf den Hund wieder abgefärbt – oder spielen dort etwa mehrere Faktoren eine Rolle? Diese und andere Fragen kann ein kompetenter Hundetrainer sicher lösen.
Hund bleibt Hund? Mensch bleibt Mensch?
In diesem Artikel möchte ich Hundehalter dahin bewegen, ihr eigenes Verhalten mit dem Hund aber auch mit der Umwelt zu hinterfragen und zu gucken, ob ich mit meinem eigenen Verhalten nicht mehr positiveres als nachteiliges in bestimmten Situationen bewirken kann, für ein besseres Miteinander.
Das sind wir unseren Mitmenschen, aber auch unseren geliebten Hunden für ein besseres Miteinander schuldig.
Andere Menschen ändern sich nicht! Wir sollen uns auch gar nicht ändern aber vielleicht sollten wir unser Verhalten gegenüber dem Hund von außenstehenden Personen, wie z.B. einem neutralen Hundetrainer beleuchten lassen. Im menschlichen Bereich können dies die Familie, Freunde oder Arbeitskollegen ersetzen. Vielleicht gucken wir in Beziehungskonflikten erst einmal bei uns. Und warum immer die Hunde kritisieren? Warum lassen wir nicht einmal Kritik an unserer Person zu? Das menschliche Ego überwinden, ist eine große Kunst. Probieren Sie es mal aus ;)
Hunde sind die ungehemmten Lebewesen, die wir auch sein könnten – wenn wir nicht permanent denken würden, wir dürften es nicht sein. Ich glaube, das macht Hunde so anziehend für uns. (Georg Bird Evans)
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