Die Menschen leben zunehmend isolierter. Irgendwie sucht irgendjemand immer irgendetwas und erhöht dadurch noch mehr die Geschwindigkeit, mit der wir an Mitmenschen vorbeirauschen. Es überrascht daher nicht, wenn wir für unsere Hunde echte Freundschaften suchen.

Doch sucht der Hund oder sucht der Mensch oder suchen sogar beide? Es könnte egal sein, wenn die Regeln eingehalten werden, die wir beim menschlichen Sozialkontakt auch einhalten. Fremde Menschen sagen auch ,,Hallo“ – aber mit Abstand.

Man stellt sich einmal vor, wie eine Mutter mit Kind ein Restaurant betritt und ihr Kind einfach ungefragt an einen fremden Tisch setzt, nur weil da zufällig ein anderes Kind sitzt. Ein großer Spaß wäre es auch, wenn man im Einkaufszentrum fremde Menschen fragt, ob sie mit einem spielen möchten. Vielleicht klopft man ihnen vorher noch kräftig auf die Schultern, wie es richtige Kumpels machen.

Was in der Hundewelt normal erscheint, wäre beim Menschen unvorstellbar. Wir würden solche Begegnungen als Unhöflichkeit, Belästigung oder sogar Nötigung empfinden.

Leider werden viele Hunde fast täglich von anderen Hunden belästigt. Nicht immer ist es Spiel, was nach Spiel aussieht. Manchmal sind es einfach nur Strategien, mit denen der Hund die unangenehme Begegnung beantwortet. Vergleichbar ist das mit menschlicher Sprache, die auch bei unangenehmer Begegnung noch weitgehend höflich bleibt. Erst wenn unsere Grenzen überschritten werden, formulieren wir es klarer und deutlicher.

 

Hunde sind die ungekrönten Meister des Sozialkontrakts.

Sie leben schon viele Jahrtausende mehr oder weniger eng mit Menschen zusammen. Das muss man als Tier erst einmal aushalten können.

Beim täglichen ,,Leine los und spiel schön“ passieren relativ wenig wirklich problematische Dinge. Wir können eine weitgehend positive Bilanz ziehen. Vermutlich ist es so, dass man die wirklichen Problemhunde, die Probleme machen oder Probleme haben, eher nachts auf dem Grünstreifen sieht und nicht auf der Hundewiese.

Die Stadtparkhunde sind meist nicht auf Konflikte aus, sie feiern das Leben und umkreisen mit ihren Hundekumpels in hoher Geschwindigkeit die Straßenlaternen. Die Hundehalterinnen und Hundehalter beobachten das Spiel mit gefälligen Grinsen. Sie werden ihre Hunde nicht stören. Sie möchten ihre Hunde glücklich sehen. Der Rückruf des Hundes würde auch nicht gelingen. Das können die anderen Hundemenschen bestätigen, die wegen des wilden Treibens nicht mehr in den Stadtpark gehen. Eventuell, weil sie keinen pauschalverträglichen Hund haben. Eventuell, weil ihr Hund Distanz braucht. Die Welt scheint den Partyhunden zu gehören.

Doch Freundschaft besteht nicht nur aus Party machen. Der Mensch geht auch nicht in die Disco und glaubt, er hätte jetzt hunderte neue Freunde. Die Hundewiese wird zur Tanzfläche, Bewegung und Gerüche feiern Kirmes und Karneval in den Köpfen der Hunde. Alle sind aufgeregt, tauschen Signale aus, lösen Konflikte, beriechen sich, umkreisen sich, rennen und markieren in hoher Geschwindigkeit und es kommen ständig neue Hunde hinzu. Bei dieser Flut an Eindrücken können wirkliche Freundschaften nur selten entstehen.

Freundschaft entwickelt sich. Sie braucht Zeit und Raum.

Freunde dürfen Dinge, die die Zufallsbegegnungen auf der Hundewiese nicht dürfen. Befreundete Hunde kennen ihre Stärken und Schwächen. Die Hundekumpels haben einiges zusammen erlebt und vielleicht haben sie sich auch schon einmal heftig gestritten.

 

Wenn Hunde Freunde finden

Wer Freundschaft will, muss Zeit und Raum für Freundschaften schaffen. Bemerken wir, dass sich zwei Hunde wirklich gut verstehen, dann wäre es wunderbar, wenn sich diese Hunde häufiger treffen, wenn man gemeinsam spazieren geht, sich im Haus oder Garten gelegentlich trifft und wenn man einfach Hunde auch Hunde sein lässt. Nicht wegen jedem Streit nervös werden, nicht alles regeln müssen, sondern die Hunde einfach mal machen lassen.

Während die Hunde damit beschäftigt sind, eine Freundschaft entstehen zu lassen, könnten die Menschen sich vielleicht selbst um echte Freundschaften kümmern. Natürlich nur mit den Menschen, wo es gut passt – sonst eben nicht. Das wäre auch ein gutes Konzept für Hunde, die Freundschaft suchen.

Autor: Frank Gilka
hundeschule-gilka.de