Die Geschichte, wie Klein-Emilio auf unsere Bildfläche trat kennt ihr ja schon, auch den Sprung, zu welchen Taten er uns in den mittlerweile zwei Jahren verleitet hat, wisst ihr ja auch.
Pünktlich zu seinem zweijährigen Einzugs-Jubiläum jetzt im April blickt man immer wieder gerne zurück und so packte mich die Schreiblust zum zweiten Teil seines Umzugs nach Berlin.
Der Termin stand fest. Nach unserer Abreise von Bad Segeberg sollten drei Wochen vergehen, bis wir einen haarigen Mitbewohner bei uns haben würden. So viel war noch vorzubereiten, so viel zu besorgen und mein Kopf war voller Fragen…
“Ich mag Hunde nur, wenn sie zwei Meter Abstand halten!”
Doch die größte Sorge machte mir, was mein Vater dazu sagen würde. Ich bin zwar schon eine erwachsene Frau, mitten im Leben mit eigener Wohnung, Partner und Job – aber einem einzigartigen Verhältnis zu meinem Dad, auf dessen Meinung ich sehr viel Wert lege.
Aber wie Väter in einem gewissen Alter doch sind, warten sie irgendwann eher auf ein Enkelchen, als auf ein Fellknäuel.
Und von meinem Papa wusste ich, dass er Hunde mag, wenn diese sich mindestens mit zwei Meter Abstand von ihm befinden. Schon die Info beim ersten Telefonat brachte entsetztes Schweigen, ergänzt durch ein schwaches “Ist nicht euer Ernst”… beim darauffolgenden Treffen dann die endgültige Ernüchterung: “Aber denkt nicht, dass ihr ihn mir unterschiebt, wenn ihr merkt, dass ihr für den Hund keine Zeit habt”.
Das hat schon etwas gesessen, aber unser Entschluss stand fest und ich verdrängte diese negativen Gedanken mit dem exzessiven Shoppen von Hunde-Schnickedöns und dem Durchstöbern von unzähligen Hundeforen. Typisch Frau eben, konnte ich mich selbstverständlich bei der unendlichen Auswahl an Körbchen und Leinen nie entscheiden und tröstete mich immerwieder damit, dass drei Wochen ja noch lange hin seien. Pustekuchen.
Chaos pur!
Doch die drei Wochen nach unserer Rückkehr aus Bad Segeberg sollten wir nicht mehr erwarten. Wir erhielten den Anruf, dass es im Hause Segeberg einen Unfall mit Knochenbruch gab und somit jegliche Hilfe mit dem Umzug sobald wie möglich erfolgen sollte. In einer Nacht- und Nebelaktion saßen wir an einem Freitagabend im Auto – ohne Leine, ohne Geschirr, Napf und mit nur einer Tüte Futter… Mein Herz klopfte und mein Kopf drückte, was aber auch daran lag, dass ich die übelste Rotznase aller Zeiten hatte und mich so gar nicht vorbereitet fühlte auf den Einzug von Emilio.
Da hatte ich die Rechnung mal wieder ohne meinen Freund das Schicksal und dessen Bruder Zufall gemacht.
Weltstadt Bad Oldesloe
Die Ankunft mitten in der Nacht in einem abgelegenen Businesshotel in Bad Oldesloe (wer fährt zum Geschäftemachen schon nach Bad Oldesloe??) für eine letzte, ruhige Nacht zu Zweit gab mir und meinen Gedanken noch einmal den letzten Kick. Wie wird es werden, werden wir dem Knirps gerecht? Wie wird der erste Gassigang und die erste Nacht sein, aber viel schlimmer noch, wie wird sich das kleine Elend fühlen, wenn wir ihn aus seinem gewohnten zu Hause und von seinem Gebieter King Camelot entreißen? Ich konnte in der Nacht kaum schlafen.
Ebenso in Gedanken erreichten wir am Samstagmorgen Bad Segeberg. Emilio bellte uns zur Begrüßung an. Na super… das fängt ja gut an. Er hasst mich… Aber durch das Packen und Kistenräumen wurde der Moment der Heimreise noch ein wenig nach hinten verschoben. Nach einer letzte Gassirunde mit Busenfreund Camelot und Frauchen, sprintete der kleine Racker frisch gebadet und gefönt uns entgegen… die Zeit war gekommen. Mein Herz raste – heute Abend würde er bei uns sein. Aber ich freute mich nicht – ich hatte Angst.
Schwägerin in Spe verabschiedete sich mit King Camelot in ihre Anliegerwohnung und liess das kleine Häufchen Elend bei uns. Eine Erstausstattung hatte sie uns mitgegeben… einen Napf, eine Decke, eine Leine – die Dinge, die ich in meinem Wahn, den ich jedoch unterdrückte, nicht besorgt hatte. Nun drückte sich der Kleine mit dem Rücken gegen die Tür zur Anliegerwohnung. Aufgerissene Augen und ein herzzerreißendes Zittern. Ob das eine gute Idee war?
“Komm, lass uns schnell losmachen” sagte mein Freund und ich nahm den Kleinen in meine Arme. Was muss in dem kleinen Köpfchen nur vorgegangen sein:
“Was soll ich mit denen? Wo ist Camelot? Was ist das für ein komisches Auto? Ich zitter einfach noch mehr, dann bringen sie mich wieder zurück.”
Das Zittern wurde stärker
Wir fuhren los und das Zittern wurde stärker, er hechelte nervös als wir auf der Autobahn ankamen. Leckerlies waren uncool – ich wickelte ihn in die Decke, die er von zu Hause mitbekommen hatte. Nichts half. Meine Gedanken überschlugen sich. Hatte ich wirklich das richtige getan? Aber wenn nicht wir ihn mitgenommen hätten, wer dann? Können wir dem Knirps ein gutes Zuhause geben? Wird er mich je akzeptieren, mich gern haben? Er ist ja kein Welpe mehr. Wir hielten an einer Raststätte, denn ich wusste ja nicht, ob er mal muss? Wie oft muss so ein Hund eigentlich? 3x? 4x? Ich ging mit ihm eine Runde auf der Wiese und nutzte die Gelegenheit um selbst mal für kleine Mädchen zu gehen. Als ich wieder hinauskam, stand mein Freund mit klein Emilio am Auto und das war der Moment indem der kleine Chihuahua und ich uns unsterblich ineinander verliebten. Als er mich erblickte,ging die Rute wie ein Propeller und er rannte auf mich zu. Die Bindung war da und das schneller als ich es mir jemals erhofft hatte. Unser Emi!
Auf der Weiterfahrt nach Berlin schlief er ein wenig und entspannte sichtlich. Als wir in der Diskokugelstadt Berlin ankamen war er aufgeregt. So viele Lichter, so viele Autos, soviel Trubel.
Ja Emi’, du bist jetzt zu Hause – Du bist ein Berliner!
Es war schon spät, aber ich wollte es nicht missen, unser neues Familienmitglied meinem Vater vorzustellen, der bei uns in der Nachbarschaft wohnt. Ich wollte beweisen, dass es auch Hunde gibt, die nicht Draußen schlafen, Hühner reißen und an Zäunen, an einer Kette angeleint bellen. Bevor wir in unsere neue 3er WG gingen, ließen wir ihn schoneinmal seine neue Hood beschnuppern und machten wir noch einen Abstecher. Wir klingelten und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Was dann passierte, lies mir die Kehle zufrieren. Mein Vater sah ihn an und lachte aus tiefstem Herzen.
Das wuselige Wollknäuel war nun wahrlich in unserer Familie angekommen und mein Vater nun stolzer Opa eines haarigen Enkelhundes.
Der Tag war lang, die Fahrt sehr aufregend. Emilio interessierte seine neue WG recht wenig, das Körbchen, das einzige, was ich besorgt hatte, war öde und die Couch viel interessanter. Er war angekommen unser Emi’ und folgte uns ab diesem Zeitpunkt auf Schritt und Tritt.
Ein Gastbeitrag von Magdalena Baszton
Alle Bilder & Quellen: Magdalena Baszton