Von Sören Emmzwoaka
Manche Männer missbrauchen Möpse als Flirthilfe. Und andere Hunde auch. Eine Flirthilfe dient bei Y-Chromosomträgern dem Kennenlernen von weiblichen Wesen, ist aber nicht mit einem Statussymbol wie einem Auto zu verwechseln. Denn während ein dicker Audi genauso direkt auf das Selbstbewusstsein des Fahrers einwirkt wie das Super-Plus-Benzin auf den Motor, und der Audi-Fahrer Kraft, Wert und Ausstrahlung des Wagens auf sich bezieht, unabhängig davon, ob das Auto geleast ist oder noch über Papi versichert ist, ist die Flirthilfe kein Zaubertrank fürs Selbstbewusstsein.
Der typische Anwender einer Flirthilfe auf vier Pfoten – in Fachkreisen auch „notgeiles Herrchen“ genannt – hat grundsätzlich genug Argumente, um ein(e) Frau(chen) zum Kaffee einladen zu können.
Leider aber hat der Herrgott eine besondere Erscheinungsform des Sprechens, das so genannte Ansprechen, vor den Kaffee gesetzt.
Das erste Wort aber will dem Flirthilfsbedürftigen einfach nicht über die Lippen kommen. Über den gleichen Freund, der ihm auch schon den Tipp gab, im Single-Kochkurs der örtlichen Volkshochschule nach einer Frau zu suchen, kommt der Flirthilfsbedürftige dann auf den Hund. Mit einem Vierbeiner läuft das Anbändeln ganz automatisch, sagt man. Besonders praktisch ist, dass das erste Wort dem Flirthilfsbedürftigen zwar immer noch nur schwer über die Lippen kommt, aber wenn der Hund mit einem freundlichen „Wuff“ den Weg bereitet, ist es viel leichter, ein menschliches „Hallo“ hinterherzuschieben. Schon ist man im Gebell (Rüde und Hündin) bzw. im Gespräch (Herrchen und Frauchen).
Reden hat Niveau. Während der Audi-Fahrer schon Körperflüssigkeiten mit seiner neuen Bekanntschaft austauscht, wechseln die sich noch unbekannten Herrchen und Frauchen erst einmal harmlose Sätze miteinander. Das entspricht dem Beschnüffeln ihrer Vierbeiner, welches sich durchaus parallel dazu ereignen kann. Mit einem „Ist das ein(e) Hündin/Rüde“ fängt es an und steigert sich beim ersten Aufeinandertreffen über ein „Wie alt ist er/sie denn“ bis hin zu einem „Ihre(r) ist aber ein(e) ganz Wilde(r)/Verspielte(r)/Süße(r)“. Frivolere Bemerkungen etwa über die Zuneigung der Hunde zueinander müssen bis zum dritten Date warten.
Aber es ist ja kein Date! Zeit, Strecke und Dauer der Gassirunde haben sich zwischen dem nicht mehr ganz so fremden Herrchen und dem nicht vollkommen abgeneigten Frauchen rein zufällig synchronisiert. Irgendwann spricht man vielleicht mal über einen Film und kommt auf die Idee, ihn sich gemeinsam anzuschauen. Ganz ohne Hunde.
Mir fehlt statistisches Material, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass allzu viele Beziehungen auf der Hundefreilauffläche gestiftet werden. Es gibt zu viele Gefahren: Herrchens Hund könnte Frauchens Hund nicht mögen; Frauchens Hund könnte Herrchens Hund nicht mögen; Herrchens Hund könnte Frauchen nicht mögen; Frauchens Hund könnte Herrchen nicht mögen. Und natürlich der Klassiker: Frauchen mag Herrchen nicht, variiert täglich Startzeitpunkt und Verlauf ihrer Strecke, wird den „Stalker mit Hund“ aber einfach nicht los.
Kommt es tatsächlich zum ersten Date außerhalb der Hundefreilauffläche, wartet eine knifflige Frage auf Herrchen. Wie heißt mein Date bloß mit Vornamen? Herrchen kennt nur den Namen des Hundes und hat beim Austausch der Handynummern damals „Lilly“ eingetragen, bevor ihm auffiel, dass so die Hündin heißt. Da kommt ihm eine Idee. Aber auch ein Anruf mit unterdrückter Nummer bringt nichts: Sie meldet sich mit „Neumann“, er legt auf.
Da ich vergeben bin, setze ich Moritz nicht als Flirthilfe ein. Manchmal bin ich mir aber sicher, dass ich seine Flirthilfe bin.
War das lustig?
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