Zugegeben, ich komme dezent gewichtsflexibel daher. Flexibel nach oben leider nur. Um das Wachstum zu begrenzen, bietet sich Bewegung an.

So ein Hund, egal welcher Größe, mag Bewegung! Er bringt einen immer vor die Tür, sagen die Leute. Das stimmt! Mein innerer Schweinehund schreibt täglich Beschwerdebriefe, manchmal setzt er sich aber leider durch. Diese kleine gemeine Stimme: „Es ist jetzt 10 Uhr abends, es regnet, Du bist hundemüde… dann macht sie halt mal auf die Fliesen.“ Roxi schaut mich dann mit ihren braunen Augen an und denkt sich wohl zu Recht: „Faule Socke!“

Neu definiert

Okay, ich nehme mir Sport vor. Sport war für mich früher, dreimal in der Woche ins Fitness-Studio gehen und alles zu machen, was eben gut war. Sport definiert sich in den 40ern mit kleinen Kindern anders. Jede Form von Bewegung, in der Du Deine Muskeln fühlst oder Du sogar außer Atem kommst, ist Sport. Er dient vordringlich dazu, den Ist-Status überhaupt aufrecht zu erhalten. Von Ausbau ist noch lange keine Rede. Aber da muss ich wohl kleine Brötchen backen, denn meine Zeit wächst halt nicht auf den Bäumen. Meine Lust übrigens auch nicht.

Täglich unterwegs

Ich deklariere das tägliche klägliche Stückchen spazieren gehen also als Sport. Und so läuft er ab:

Ich laufe ein paar Meter stramm. Roxi bleibt stehen, um zu schnuppern. Puh, endlich Pause. Ich laufe wieder los (das Antreten erfordert Kraft!), Roxi hängt sich in die Leine, weil sie ein Fahrrad gesehen hat. Darüber freue ich mich sehr, das Gegenhalten ist gut für die Rückenmuskulatur. Wieder schnüffeln. Zwei Sekunden Wadendehnung für mich! Weiter geht´s, diesmal schaffen wir 40 Meter am Stück ohne Zwischenfälle. Wieder anhalten, Roxi macht Pipi. Antritt, rasante Beschleunigung auf 4 km/h. Mein Puls explodiert. Wann kommt die nächste Schnüffelstelle?? Da…Glück gehabt. Nutze die Pause, um WhatsApp zu checken. Nun fällt das Smartphone runter, weil Roxi weiter geht (nee, sie ist nicht wohlerzogen) und es einen Ruck an der Leine gibt. Nur ein Riss im Display, der gesellt sich zu den anderen.

Auf 300 Meter kommen wir jetzt schon. Bergrunter. Es fängt an zu nieseln. Na super, keine Regenjacke an. „Komm, Roxi, wir gehen nach Hause“ denkt mein weichgespülter Couchpotatoe-Verstand, „bei Regen macht das doch keinen Spaß!“ Sieht mein Hund anders! Sie hat ein Mauseloch gefunden und pustet hinein. Normalerweise kommt nach 30-60 Minuten irgendwann an einer anderen Stelle des Mäusebaus eine Maus heraus und fragt sich, was die Extrabelüftung soll. Keine gute Entscheidung der armen Maus, Roxi ist schnell….
Ich stehe im Regen und versuche, es positiv zu sehen. „Nasser kann ich jetzt nicht werden“, denke ich und nutze die Mäuse-Wartezeit, um Kniebeugen zu machen. Uuuuh, dieser stechende Schmerz im Knie! Nee, dafür muss ich erstmal abnehmen, nicht, das was kaputt geht. Schulterkreisen klappt gut, werfe nachher eine Kopfschmerztablette ein.

Ich werde ungeduldig und handle unklug. Ich ziehe Roxi weiter. Die hasst das und legt sich einfach auf den Rücken. Der Regen wird immer stärker. Positiv denken, ein bißchen frische Luft ist gut für das Immunsystem! Der Hund bequemt sich weiter, vermutlich hat sie Wasser ins Auge bekommen… Der Weg bergauf zieht sich, meine Oberschenkel brennen und ich verfluche jedes einzelne Stück Kuchen in den letzten 5 Jahren.

Im Spitzentempo von 6 km/h und einem Puls von 150 JOGGE ich die letzten 30 Meter! Ich bin so stolz. Mit Rückenwind und einem ziehenden 5-kg-Kampfzwerg an der Leine fühle ich mich wie ein Leichtgewicht. Tolles Gefühl.

Tatsächlich geschafft!

Jetzt aber schnell rein, Wunden versorgen, Klamotten waschen, Hund abtrocknen (zufällige Reihenfolge), Kaffee machen, geschwächte Muskeln mit Wärmelampe bestrahlen und den Rest des Nachmittags ganz sicher nur die Augenmuskulatur bei einem guten Buch stärken. Morgen geht´s weiter. Dann will ich 40 Meter joggend schaffen.

Ein Gastbeitrag von Silke Schön

Bild & Quelle: peterdehaan / Pixabay, creative commons public domain