Ich gebe es zu, ich bin wirklich (zu) viel auf social media Portalen unterwegs. Besonders gern bei denen zum Thema „Hund“.. What else…

Das Internet treibt seltsame Blüten

Was man da zum Teil zu lesen bekommt, lässt mir die Haare zu Berge stehen und beschert mir unruhige Nächte.
Der Fall heute: „Wir möchten Welpen machen…“ aus zwei unterschiedlichen Rassen, de facto also: Mischlinge. Ich frage mich bei solchen Ideen ganz ernsthaft: Gibt es denn nicht schon genug tolle Mischlinge auf dieser Welt, die nach einem zu Hause suchen? Warum muss man diesen Markt noch mehr befeuern?
Natürlich, wir leben in einem freien Land und die Menschen vermehren sich auch, wie sie wollen. Aber: Es sterben jährlich tausende von Hunden in Tierheimen (ja, auch bei uns in Westeuropa, sogar bei mir um die Ecke im Elsass), die meisten: Mischlinge.

Was denken die sich eigentlich?

Lese ich solche Vorhaben, dann platzt mir die Hutschnur. Am liebsten würde ich zu diesen Menschen nach Hause fahren und mit ihnen ein ernstes Wort reden.
Das Argument:

  • Aber dann sind die Nachkommen viel gesünder, das zählt schon mal nicht.

Aus zwei „kranken“ Rassehunden kriegst du nicht per se gesunde Welpen heraus.

  • Diese Welpen wachsen in Kennels auf, die noch nie von einer objektiven Person angeschaut wurden.

Bei Zuchtverbänden: Es kommt eine sachkundige Person vorbei und schaut sich alles an und kann auch noch Tipps geben.

  • Wenn etwas passiert mit dem Wurf, sicher, dann steht der Tierarzt da, aber das kostet. Vielleicht sogar viel mehr, als sich diese Menschen vorher ausdenken (der steht bei einer ernsthaften Herpeserkrankung nämlich jeden Tag mehrfach auf der Matte).

In einem Rassezuchtverein gibt es eine Zuchtkommission, die kostenlos berät. Bei Problemen helfen sich die Züchter untereinander, im schlimmsten Fall findet man eine Amme für die Kleinen.

Süße Hunde, aber was ist, wenn denen was passiert?
makunin / Pixabay / creative commons public domain

 

  • Aber es können auch weitere Anfängerfehler passieren, die man sich gar nicht weiter überlegt. Ich unterstelle jedem, der Hunde macht, per se, dass er nur das Beste für seine Tiere will.

 

Aber wer denkt schon daran, dass Publikumsverkehr am ersten Tag eine schlechte Idee ist, wer denkt daran, dass es unter den Hunden einen Inzuchtkoeffizienten gibt, der herausgerechnet werden muss, wer denkt daran, dass eine bestandene HD/ED Untersuchung bei nur einem Hund gar nichts über dessen Vererbung aussagt? Wer denkt schon daran, dass besonders bei grossen Hunden Knieverletzungen starker Vererbung unterliegen?

 

  • Wer denkt daran, dass zukünftige Welpenbesitzer, so nett sie bei den Gesprächen auch sind, vielleicht eben doch nicht so sind, wie sie scheinen?

 

Im schlimmsten Fall stehen dann nämlich zwölf Hunde wieder auf der Matte. (So etwas passiert in der Realität natürlich nie, aber man sollte sich auf alles gefasst machen) Und dann? In einem Zuchtverein können diese schneller vermittelt und an verschiedenen Plätzen untergebracht werden.

 

  • Als wilder Züchter steht man allein da.

 

Ohne Ahnung, zwölf Hunde im Einfamilienhaus, geht das? In einem Rassezuchtverein, wie auch immer der heissen mag, gibt es Züchterkurse, die man vor dem ersten Wurf besuchen kann und sollte. Diese helfen bei der Vermittlung von zurückgegebenen Hunden, Rechtsfragen, etc.

Ausstellungen haben ihre Daseinsberechtigung!

Und dann das leidige Thema der Ausstellungen. Ja, ich bin mehr und mehr überzeugt davon, dass dies ein richtiger Teilweg ist. TEIL! wohlgemerkt.

Bei diesen Ausstellungen wird auch mir persönlich zu wenig auf Gebrauchseignung Wert gelegt. Aber: Es wird geprüft, ob die Hunde dem äusserlichen Rassestandard entsprechen.

Die Farben korrekt sind, Gebäude und Statur stimmen, etc. (Was ich mir da noch so wünsche steht in einem anderen Post geschrieben.) Für den Hund sind Ausstellungen keine Quälerei, wenn man es mit Augenmass betreibt. Ich habe auch Mühe mit Ausstellern, die 10 Hunde dabei haben. Meiner Meinung nach sollten die Hunde Spass haben, man kann es zu einem Tag „für sie“ ausgestalten. Ausserdem gibt es die Möglichkeit mit anderen Besitzern ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen.

Einen ganzen Tag nur über Rasse, Hund und Zucht reden? Für jeden, der ernsthaft züchtet, eine Traumvorstellung.

Mit einigen Richterberichten in der Tasche gehts zur Ankörung, wo den Hunden „noch mehr“ als auf der Ausstellung abverlangt wird. Er wird nochmal genauer untersucht, alle für die Rasse relevanten Gesundheitschecks werden geprüft, der Hund muss -je nach Rasse- seine Gebrauchsfähigkeit unter Beweis stellen. Was ist daran schlecht? Das sollte doch jeder, der mit seinem Hund eine Zucht in Erwägung zieht tun. Kostenlos obendrauf gibts bei Bedarf sogar noch den Rat, welcher Rüde oder welche Hündin gut passen könnte.

Ich finde bei meiner eigenen Hündin auch, dass sie die beste, schönste, intelligenteste und der brillianteste Beagle unter der Sonne ist. Objektiv gesehen ist sie das aber nicht, sie hat krumme Beine, ist ein bisschen zu lang, ausserdem ist sie viel zu dünn für einen Beagle. Auf einer Austellung wäre kein Blumentopf zu gewinnen (sie ist kastriert, deshalb hat sich das Thema für uns erledigt).

Beagle

der schönste Beagle der Welt…
Bild & Quelle: Alica Junker

Ich frage mich, warum immer noch so viele Menschen so blauäugig an das Thema herantreten. Es gibt auf der Welt über 340 Hunderassen. Eine besser, als die andere. Warum setzen wir unsere Energie nicht dort hinein?

Wieso probieren wir nicht diese Rassen weiterzuentwickeln? Es spricht nichts dagegen sich in Zuchtvereinen stark zu machen, anstatt einen wilden Wurf in die Welt zu setzen.

Wir haben doch schon genug Mischlinge, aber auch Hunde mit starken Verhaltensauffälligkeiten, weil dem „Züchter“ irgendetwas entgangen ist. Wieso unterwerfen wir uns bei der Hundezucht nicht der freiwilligen Kontrolle durch Menschen, die wissen, wie so etwas geht und uns zur Hand gehen können?

Es sind… Egoisten

Meiner Meinung nach sind Menschen, die einfach so, blauäugig und mit der Idee mal einen Wurf süsse Welpen zu haben, absolute Egoisten. Denen es egal ist, ob ein Teil der Hunde später selbst eine Knieoperation braucht, weil der Vater schon krank war. Weil sie das Gefühl haben, es besser zu wissen, als diejenigen, die selbst schon bittere Erfahrungen gemacht haben.

Ich möchte damit auch Welpenkäufer ansprechen: Wer unbedingt einen Welpen haben möchte, der soll bitte darauf achten, woher er den Welpen bekommt. Eine Verpaarung, weil die Eltern immer so toll miteinander spielen, kann in einer mittelschweren Katastrophe enden. Welpen von Rassehunden sind teuer, aber das Geld, was man in den Kaufpreis steckt, wird sich später auszahlen. In Form von weniger Erkrankungen, ausgeschlossenen Gendefekten durch eine gezielte Auswahl der Elterntiere, … Wer nicht so viel Geld in die Hand nehmen möchte, der ist in einem Tierheim gut beraten. Dort gibt es genügend Hunde, die ein Plätzchen suchen und die Schutzgebühr ist nicht so hoch, wie der Preis eines Rassehundwelpens.

Ein Gastbeitrag von Alica Junker, von Lotte vom Ammeler Forst.

Beitragsbild & Quelle: Nemo / Pixabay / creative commons public domain