Die Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten können vielfältig sein und reichen von Stress oder Fehlprägung bis hin zu mangelnder Sozialisation. Im Fall unserer Schäferhündin Ronja war es allerdings eine vererbliche Unterfunktion der Schilddrüse maßgeblich, die leider erst mit einiger Verzögerung festgestellt wurde.
Ein schwieriger Start mit unserer Hündin Ronja
Ronja hätte weiß Gott einen besseren Start ins Leben verdient gehabt. Aufgewachsen mit ihrer Mutter und Geschwistern in einem leeren Raum, die Zimmertür ausgehängt und quer vor den Eingang gelegt. Ronja kannte außerhalb ihrer vier Wände nicht viel vom Leben in ihrer Umgebung. So war es auch kein Wunder, dass sie Angst vor Mülltonnen hatte und Jogger, Fahrräder und Autos jagte. Besuche wurden im Haus nicht geduldet und verbellt. Zudem zeigte sie Zwangsverhalten wie Schwanzjagen und Kratzen an Wänden und Böden bei Lichtspiegelungen.
An eine Ausbildung, gleich welcher Form, war nicht zu denken. Wenn man von einer Hundeschule nicht gleich abgewiesen wurde, so wurde man zumindest im Training ausgegrenzt.
Aufgesuchte Tierärzte waren überfordert, ratlos und legten sich auf die Diagnose „übersteigerter Schutzinstinkt“ fest. Mit einer Kastration sollte das Problem gelöst sein. Eigentlich sollte inzwischen landläufig bekannt sein, dass man mit einer Kastration weder Tumorerkrankungen vorbeugen noch Probleme lösen kann. Zumindest nicht solche.
Endlich gab es eine Diagnose
Als ausgebildeter Krankenpfleger wollte ich die Diagnose so nicht stehen lassen und akzeptieren. Ich war der festen Überzeugung, dass Ronjas Anzeichen auf eine Schilddrüsenerkrankung hindeuten. Aber kein Tierarzt schenkte dem Glauben, noch wurden entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Nach zwei verlorenen Jahren fand ich durch Zufall eine Tierärztin, die meinen Verdacht bestätigte. Sie war es auch, die Ronja mit Medikamenten einstellte und Mantrailing als Therapie einsetzte.
Welche pharmazeutischen Möglichkeiten stehen zur Verfügung?
Bei Ronja war ein Organ der Auslöser für die Auffälligkeiten und es wurden entsprechende Medikamente eingesetzt. In diesem Fall wurde Forthyron und Thybon verabreicht. Diese Tabletten dienen zur Behandlung einer Unterfunktion der Schilddrüse. Ebenso hilfreich wie wirkungsvoll kann der Einsatz von Homöopathie sein. Um Stress, hervorgerufen durch Angst zu minimieren, wurde ihr Schüßler Salz Nr. 5 verabreicht. Hierbei handelt es sich um Kalium phosphoricum, ein Nervenmittel bei ängstlichen, verschreckten Hunden in belastenden Situationen.
Unterstützung durch die Tellington TTouch Methode
Völlig gefahrlos und leicht erlernbar ist die Tellington TTouch Methode. Dabei handelt es sich um eine sanfte Berührung (Massage), die das Gehirn aktiviert. Es stärkt die Konzentrationsfähigkeit des Hundes und unterstützt das Selbstvertrauen.
Ebenso hilfreich ist das Tellington Körperband. Eine elastische Bandage, die man sanft ohne zu ziehen oder durchhängen zu lassen um den Körper des Hundes legt. Das Band soll Körperbewusstsein erzeugen und beruhigen, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Mantrailing als Therapie
Durch regelmäßiges Mantrailing wurde Ronja zugänglich und selbstsicher. Ängste gegenüber fremden Personen und ihrer Umwelt konnten abgebaut werden. Langsam wurden die Trailorte von weniger an mehr belebte Orte verlegt, immer darauf achtend, sie nicht zu überfordern. Der Erfolg sprach für sich, was mich beflügelte, 2015 und 2017 Mantrailing Prüfungen abzulegen.
Ronja war auch der Auslöser dafür, die „Nasenarbeiter“ zu gründen. Mit Mantrailing unterstützen wir ängstliche, traumatisierte, hyperaktive Hunde und solche mit Handicap. Mantrailing ist für uns nicht nur Hunde- sondern auch Menschentraining, denn ein positiv veränderter Hund verringert den Leidensdruck des Menschen und trägt zu einem entspannten miteinander bei.
Fallbeispiel:
Eine Mischlingshündin aus dem Ausland kam im November 2024 mit ihrer Halterin zu uns. Sie zeigte sich sehr ängstlich und hielt mehrere Meter Abstand zu Menschen. Besonders ängstlich zeigte sie sich bei der Begegnung mit Männern und war ständig auf der Suche nach einem Fluchtweg. Nach nur fünf Trainingseinheiten konnte sie es gar nicht mehr erwarten, dass es losgeht. Die anderen Teams und Versteckpersonen werden freudig begrüßt. Sie kommt Schwanzwedelnd auf mich zu, ich kann sie kraulen und nicht schnell genug Leckerlis aus der Tasche holen.