Warum zeigen Hunde ein bestimmtes Verhalten? Warum bleibt ein Verhalten bestehen oder verschwindet? Hundebesitzer stellen sich eine Unmenge an Fragen, deren Beantwortung manchmal gar nicht so leicht ist.

In Sabrina Reichel‘s neuem Buch: “Hunde belohnen – aber richtig” geht es genau darum. Probleme mit dem Hund zu erkennen und Lösungen aufzuzeigen.
Issn’ Rüde! bedankt sich bei Janine Linke vom GRIN-Verlag, die diese ausführliche Gratis-Leseprobe zur Verfügung gestellt hat.
Bestellmöglichkeiten für dieses lesenswerte Buch befinden sich unten.

Grundsätzlich ist zu sagen:

Jedem Verhalten eines Hundes liegt eine bestimmte Motivation zu Grunde. Die Mo-tivation folgt daraus, dass er ein bestimmtes Bedürfnis befriedigen möchte. Ein Hund tut etwas, weil es sich für ihn lohnt, oder er lässt etwas, weil es sich für ihn nicht lohnt. Ganz einfach!
Oder würden Sie jeden Tag auf die Arbeit gehen, wenn Sie am Ende des Monats kein Gehalt auf Ihrem Konto vorfinden würden?
Für den Hund bedeutet dies, wenn er keine Motivation zu etwas hat und sein Be-dürfnis nicht bzw. nie befriedigt wird, wird er ein Verhalten immer weniger zeigen bis es schließlich erlischt. Wird hingegen ein Bedürfnis befriedigt, wird das Verhalten immer öfter auftreten.

Wie lernen Hunde?

Es gibt viele Trainingsmethoden auf dem Hundetrainingsmarkt, die zu den von den Menschen gewünschten Ergebnissen führen sollen. Um der Beziehung willen zu unserem Freund Hund ist es wichtig, für welche wir uns entscheiden.

Die Klassische Konditionierung

Bei der klassischen Konditionierung verknüpft der Hund einen bisher für ihn unbe-deutenden mit einem bedeutsamen Reiz.
Die Reaktion des Hundes auf die Türklingel ist dabei ein gutes Beispiel. Die meisten Hunde reagieren auf das Läuten der Türklingel mit Aufregung, teilweise Gebell.
Der Hund hat das Läuten an der Tür (bedingter Reiz) mit Besuch (unbedingter Reiz) und Aufregung verknüpft.
Graphisch dargestellt sieht die Klassische Konditionierung so aus:

vor der konditionierung

Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

während der konditionierung

Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

nach der konditionierung

Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

Diese Form des Lernens wird vom Hund nicht willentlich gesteuert und er hat keinen Einfluss darauf, was er lernt. Klassische Konditionierung kann immer und jederzeit passieren.

Die Operante Konditionierung

Bei der operanten Konditionierung ist die aktive Beteiligung des Hundes am Lern-prozess nötig.
Jedes Lebewesen erfährt durch sein Verhalten Konsequenzen. Diese können sowohl positiv als auch negativ sein.

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Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

Der Hund macht die Erfahrung, dass er durch sein Verhalten diese Konsequenzen steuern kann.

Das Quadrat der Konsequenzen

quadrat der konsequenzen

Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

Positiv und negativ sind dahingehend zu verstehen, dass etwas hinzugefügt (positiv) oder etwas entfernt (negativ) wird.

Der feine Unterschied – Belohnung und Verstärkung

Belohnung oder Verstärkung – der kleine, aber feine Unterschied!

Wenn ich von Belohnung und Verstärkung spreche, beziehe ich mich auf die Defini-tionen der Lerntheorie: Eine Belohnung ist etwas Positives für den Hund, etwas, das ihm gut tut oder ihm gefällt, z. B. Leckerlis, Zerrspiele, Menschen begrüßen, ins Was-ser dürfen, etc.

Eine Verstärkung hingegen ist eine motivationsgerechte Belohnung.

barni beim zurückbringen des futterdummys

Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

Als Beispiel: Mein Hund stöbert im Gebüsch umher, ich rufe ihn und als Belohnung darf er nach einem zuvor fallen gelassenen Futterdummy suchen. Seine Motivation nach Stöbern und Suchen wurde aufgegriffen und sein aktuelles Bedürfnis durch das Suchen des Dummys befriedigt. Das Rückrufsignal wurde also motivationsge-recht belohnt
Woran erkenne ich, dass das Verhalten meines Hundes verstärkt worden ist?
Ob ein Verhalten tatsächlich verstärkt worden ist, ist nur im Nachhinein festzustel-len. Verstärkung hat stattgefunden, wenn Verhalten

  • häufiger,
  • intensiver oder
  • länger auftritt oder
  • erhalten bleibt.
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Positive Belohnung/Verstärkung

Beim Training über positive Belohnung/Verstärkung folgt auf ein Verhalten eine angenehme Konsequenz. Dies kann entweder direkt durch das Erfüllen primärer Bedürfnisse (Hunger, Durst, Sozialkontakt etc.) geschehen oder durch Markieren des Verhaltens mit einem konditionierten/sekundären Verstärker (siehe Markersignal), der einen primären ankündigt.
Das Training mit positiver Verstärkung, auch befriedigende Belohnung genannt, ist immer anwendbar, sehr zuverlässig und steigert weder Angst- noch Aggressionsver-halten.
Beim Training über positive Verstärkung wird das Verhalten zukünftig häufiger auftreten.

Beispiel: Ich rufe meinen Hund zurück und spiele dafür mit ihm.

Negative Bestrafung

Beim Training über negative Bestrafung wird dem Hund eine angenehme Konse-quenz entzogen. Dies kann beispielsweise das Vorenthalten einer Belohnung sein oder der Entzug des Sozialkontakts bei unhöflicher Kontaktaufnahme.
Die negative Bestrafung kommt ohne körperliche Übergriffe aus und fördert keine defensive Aggression. Jedoch funktioniert diese Form des Trainings nicht bei selbst-belohnendem Verhalten. Außerdem steigt die Erregung des Hundes an, was zu Frust und offensiver Aggression führen kann.

Beim Training über negative Bestrafung wird das Verhalten zukünftig weniger oft auftreten.

Beispiel: Beim Nachhausekommen begrüßt mich mein Hund stürmisch und springt an mir hoch. Daraufhin wende ich mich von meinem Hund ab und entziehe ihm somit den Sozialkontakt.

Positive Bestrafung

Beim Training über positive Bestrafung folgt auf ein Verhalten eine unangenehme Konsequenz. Diese unangenehmen Konsequenzen können graduell verschieden sein und wirken bei jedem Hund unterschiedlich.
Der Einsatz von positiver Bestrafung, auch ängstigende Bestrafung genannt, ist im Alltag kaum umsetzbar, da die Bestrafungsregeln (siehe Exkurs Strafe) kaum einge-halten werden können. Zudem ist positive Bestrafung aggressionsauslösend und steigert Angstverhalten.
Beim Training über positive Bestrafung wird das Verhalten zukünftig weniger oft auftreten.

Beispiel: Mein Hund bellt, sobald es klingelt, und ich spritze ihn mit der Wasserpistole an.

Negative Belohnung/Verstärkung

Beim Training über negative Verstärkung entfällt eine unangenehme Konsequenz, wenn der Hund ein bestimmtes Verhalten zeigt.
Die erleichternde Belohnung ist immer mit negativen Gefühlen verbunden und kann Angst- sowie Aggressionsverhalten verschlimmern.
Beim Training über negative Verstärkung wird das Verhalten zukünftig häufiger auftreten.

Beispiel: Ich möchte meinem Hund das Signal „Sitz“ beibringen. Dabei drücke ich mit einer Hand solange auf den Hintern meines Hundes, bis dieser sich hinsetzt. Sitzt der Hund, nehme ich den Druck weg.

Ganz egal mit welchem Teil des Quadrates wir mit unserem Hund trainieren:

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Bild & Quelle: GRIN, via Janine Linke

Auch wenn wir gerade nicht mit unserem Hund trainieren, verknüpft er unser Ver-halten oder sein Verhalten mit der Umwelt.

Das Mittel der Wahl: Positive Verstärkung

Die nach heutigem Wissen sinnvollste und wirksamste Trainingsmethode, die keine Nebenwirkungen mit sich bringt, ist das Training über positive Verstärkung, bei der der Fokus auf erwünschtes Verhalten gelegt wird.
Bei der positiven Verstärkung müssen wir uns mit den individuellen Bedürfnissen des jeweiligen Hundes genau auseinandersetzen. Das ist zwar etwas anstrengender, als den Hund körperlich zu unterdrücken oder sich an starre Regeln zu halten, aber diese Mühe zahlt sich aus: Unser Hund schenkt uns sein Vertrauen und wir erzielen eine harmonische Mensch-Hund-Beziehung.

Positive Verstärkung bedeutet:

 

  • sich auf erwünschtes Verhalten zu konzentrieren.
  • ein vielfältiges Belohnungssystem aufzubauen.
  • unerwünschtes Verhalten zu verhindern bzw. zu unterbrechen, ohne das Tier damit zu verängstigen.
  • mit dem Hund zu lernen und ihn zu fördern.
  • seinen Hund besser kennenzulernen.
  • mit der Natur des Hundes und nicht gegen sie zu arbeiten.

 

Positive Verstärkung bedeutet nicht:

 

  • dem Hund keine Grenzen zu setzen.
  • nur mit Futter zu belohnen.
  • unerwünschtes Verhalten stets zu ignorieren.
  • den Hund zu verwöhnen oder zu vermenschlichen.

 

Exkurs: Strafe

Dieses Buch dreht sich rund um das Thema Belohnung im Hundetraining, Strafe bleibt hier außen vor. Dennoch möchte ich diesen Punkt im Folgenden ganz kurz anreißen:
Das Leben ist nun mal nicht immer positiv und auch ich verwende für bestimmte Verhaltensweisen Strafe. Diese wird jedoch so selten angewandt, dass sie weit in den Hintergrund gerückt werden kann.

Das Buch „Hunde belohnen – aber richtig“ von Sabrina Reichel ist sowohl als eBook als auch als Printausgabe erhältlich, und zwar direkt vom Verlag oder z.B. über Amazon.