Beim letzten Mal, habe ich euch von Tito, dem Schäferhund-Mix mit der Leinenaggression erzählt. Ein kniffliger Fall, aber es geht auch anders! Nicht immer sind meine Fälle so knifflig und das Training so langwierig. Im Folgenden möchte ich euch von meinem kürzesten Fall berichten. Tatsächlich war ich nur einmal bei diesem Kunden und konnte das Problem nach fünf Minuten beheben. Das mag danach klingen, dass die Kunden „dumm“ gewesen wären. Aber nein, wenn es um enge Beziehungen geht, hat man oft Scheuklappen vor den Augen und benötigt jemanden, der einem von außen Dinge zeigt, die man aus der Nähe nicht sehen kann. Das ist auch oft bei der Hund-Mensch-Beziehung so. Hier also der Fall:

Der Hund frisst nicht

„Amos frisst nicht! Egal was wir machen, er will einfach nicht fressen! Wir haben schon jedes Futter ausprobiert, er frisst es einfach nicht! Nur unterwegs, da nimmt er Futter an.“ Gut, viele Menschen füttern ihre Hunde ohnehin nur auf den Spaziergängen. Aber für diese Kunden war das größte Problem, dass sie ihren Hund auf B.A.R.F. (Biologisch Artgerechte Rohfütterung) umstellen wollten. Rohes Fleisch in der Jackentasche findet dann aber eben nicht jeder angenehm.

(k)eine vorschnelle Diagnose!

Zugegeben, bevor man zu einem Kunden fährt, macht man sich automatisch darüber Gedanken, was denn wohl hinter dem Problem stecken könnte. Ich versuche zwar immer alle Gedankengänge offen zu halten, um mich nicht schon vorab auf eine Diagnose zu versteifen, aber in diesem Fall dachte ich „Ganz klar! Die fokussieren das Problem zu sehr, bedrängen ihn und er mäkelt inzwischen nicht nur an der Art des Futters, sondern auch an der Art, wie ihm das Futter gegeben wird herum“. Oh wie Unrecht ich doch hatte!

Die erste Begegnung

Ich saß also mit den Kunden am Küchentisch und um mir alle Gedankengänge offen zu halten, besprach ich zunächst den Vorabfragebogen den sie mir ausgefüllt zugesandt hatten und stellte dann noch weitere Fragen, die für mich relevant waren. Ich klopfte also erst mal die gesamte Beziehung ab. Mein nächster Schritt wäre dann eigentlich mir den Umgang miteinander anzuschauen. Ich bitte den Kunden, dem Hund einige Grundkommandos abzuverlangen. Zunächst ohne, dann mit Leckerlis. In diesem Fall wollte ich mir dann aber doch zunächst den Prozess der Fütterung ansehen. Ich muss dazu sagen, als ich rein kam, sah ich sofort den vollen Napf in der Küche stehen. Gefüllt mit Trockenfutter und diversen Kauartikeln.

Der Hund kriegt bestes Futter

Nun gut, wenn ein Hund Kaustangen liegen lässt, dann mag da wirklich etwas dahinter stecken. Ich bat also die Kunden dem Hund etwas ganz Besonderes in den Napf zu legen. Sie tischten gut auf! Es gab Käse und frisches Hühnchen.

Amos tänzelte auch schon neben seinem Frauchen herum, während sie das Futter zubereitete. An mangelndem Hunger konnte es also nun wirklich nicht liegen.

Sofort schoss mir in den Kopf, vielleicht ist es doch etwas Medizinisches? Zahnschmerzen? Oder generell Schmerzen die ihm beim Fressen aus dem Napf widerfahren sind und die er verknüpft hatte? Ich speicherte mir diesen Gedanken zur Überprüfung ab. Nun war es soweit, Frauchen stellte den Napf auf den Boden zurück.

Was ist denn da los?

Amos schoss auch sofort darauf los. Er steckte seine Nase hinein, wollte sich einen Happen schnappen, doch dann: Er schrak zurück! Verunsichert legte er den Rückwärtsgang ein. Seine Nase noch Richtung Futter gerichtet, doch die Furcht schien zu groß, er verschmähte das Futter.
Irritiert über den Gedanken in meinem Kopf, der vielleicht schon die Lösung bieten konnte, bat ich meine Kundin, Amos das Futter auf einem Porzellantellererneut anzubieten.
Auch meine Kunden schienen irritierte, taten aber worum ich sie gebeten hatte. Jedoch nicht ohne zu fragen „auf einen ganz normalen? Wie wir ihn auch benutzen?“.

Ja, auf einen ganz normalen Teller aus Porzellan!

Das Futter wurde umgepackt und der Teller auf den Boden gestellt. Noch etwas verunsichert näherte sich Amos erneut dem ihm angebotenen Futter. Diesmal vorsichtiger streckte er seine Nase Richtung Futter und… fraß! Zunächst zaghaft, doch dann schlang er das Futter hinunter bis nichts mehr übrig war. Meine Kunden staunten nicht schlecht und sahen mich fragend an. Ich lachte und erklärte: „Amos hat sich vor dem Geräusch des Trockenfutters in dem Aluminiumnapf erschreckt. Das hat ihn so sehr verschreckt, dass er aus dem Napf nichts mehr fressen wollte. Hausaufgabe: Ihr kauft einen Porzellannapf und stellt Amos Futter langsam auf B.A.R.F. um. Sollte er noch immer nicht aus dem Napf fressen wollen, ruft ihr mich bitte wieder an!“

Sie riefen wieder an…

Der Anruf kam vier Wochen später: „Wir wollten nur anrufen, um uns zu bedanken! Amos wird jetzt gebarft und zwar aus seinem Porzellannapf. Das klappt ohne Probleme! Vielen, vielen Dank!!!“ Hinzu kam noch ein Foto wie Amos Pansen aus seinem neuen Porzellannapf fraß. Ach wenn es doch immer so einfach wäre…

Ein Gastbeitrag von Birte Drescher

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