So oder so ähnlich könnte die Fragestellung bei Hundeausstellungen lauten. Hundeausstellungen, Zuchtschau oder Rassehundeausstellung oder inzwischen auch neudeutsch als Show bezeichnet, dienen dazu den Stand des Zuchtgeschehens unzähliger Hunderassen und ihrer Varietäten zu beurteilen. Dabei wird jeweils durch einen ausgebildeten Zuchtrichter das äußere Erscheinungsbild (Exterieur, Anatomie) und zu einem gewissen Anteil auch das Verhalten (typische Charaktereigenschaften, Interieur) im Vergleich mit anderen Rassevertretern beurteilt.
Zum äußeren Erscheinungsbild gehören zum Beispiel die Körpergröße, typische Kopf- und Ohrenform, rassetypische Fell- und Augenfarbe, die Fellstruktur und dessen Länge, Hautbeschaffenheit sowie die Bewegung des Hundes, die meist auf die frühere Rasseverwendung zurückzuführen ist.
Anforderungen an die Hunde
Bestimmte Hunderassen sollten eine gewisse Körpergröße nicht unterschreiten (Deutsche Dogge, Irischer Wolfshund) und andere, v.a. Toy- (Zwerg-)rassen, wie z.B. Chihuahua, Zwerpinscher nicht überschreiten. Auch bei den Ohren gibt es unterschiedliche Formen wie die typischen natürlichen Stehohren von Deutschem oder Belgischem Schäferhund, die großen Schlappohren bei den verschiedenen Spanielrassen (Cocker Spaniel, Springer Spaniel), Dackel oder Beagle. Dazwischen existieren die Kippohren der Terrier oder die feingefalteten Rosenohren bei einigen Windhundrassen. Bestimmte Rassen dürfen nur in bestimmten Fellfarben oder –längen gezüchtet bzw. ausgestellt werden (die rötliche Farbe der Magyar Viszla oder Rhodesian Ridgebacks, das mausgrau bei den Weimaranern oder das lange seidige Fell beim Afghanischen Windhund).
Der Rassezuchtverband entscheidet
Wie eine Rasse auszusehen hat und welche Eigenschaften sie in sich tragen sollten wurde vor oft mehr als hundert Jahren in den sog. Rassestandards durch die einzelnen Rassezuchtverbände festgelegt. Zum Teil betreuen die Verbände nur eine Rasse (Schäferhundverein) oder es werden Rassen zusammengefasst, die ähnlichen Ursprungs oder ihrer Verwendung nach vergleichbar sind (Club für Britische Hütehunde, Klub für Terrier oder der Deutsche Windhundzucht- und Rennverband). Die Rasseklubs veranstalten Ausstellungen, Sportprüfungen und regeln das Zuchtgeschehen (z.B. Überwachung die Welpenaufzucht). National organisiert sind die einzelnen Rassenklub im Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Dieser bestimmt über Verordnungen das allgemeine Geschehen in den untergeordneten Instanzen.
Auf dem Catwalk
Jeder Hund auf einer Ausstellung wird im Stand und in der Bewegung durch den Richter beurteilt. Es wird der Zahnstand (korrekte Anzahl und Stellung der Zähne) überprüft und bei Rüden das Vorhandensein beider Hoden im Hodensack (ein wichtiges Indiz für eine möglichst normale Fruchtbarkeit). Das bringt es mit sich, dass sich die Hunde auch von ihnen fremden Personen anfassen lassen, wobei es da rassetypische Unterschiede gibt. Ein Retriever wird dies eher mit überschwänglicher Freude nehmen wobei z.B. Herdenschutzhunde eher distanzierter gegenüber Fremden sind. Anschließend erfolgt die Beurteilung des Ganzwerkes von der Seite, von vorn („im Kommen“) und von hinten(„im Gehen“). Alle Hunde bekommen einen sogenannten Richterbericht in dem die Vorzüge und seltener auch die Mängel der einzelnen Tiere niedergeschrieben sind und werden abschließend mit einer Formwertnote beurteilt.
- Vorzüglich: der Hund entspricht in hohem Maße dem Standard
- Sehr gut: der Hund besitzt die typischen Merkmale seiner Rasse
- Gut: der Hund besitzt die Hauptmerkmale der Rasse, weist aber Fehler auf
- Genügend: erhält ein Hund, der seinem Rassetyp genügend entspricht, dessen allgemein bekannte Eigenschaften nicht besitzt
- Disqualifiziert: der Hund entspricht nicht dem Standard, dazu zählen auch Zahn- und Hodenfehler
Wie wird der Champion bestimmt?
Nach Vergabe dieser Noten wird unter denjenigen Hunden mit dem höchsten Formwert (das kann auch nur „sehr gut“ oder „gut“ sein) die jeweils besten Vertreter auf die Plätze eins bis vier verteilt.
Hunde unterschiedlichen Alters, Geschlechts und Leistungsstands werden getrennt beurteilt (Jüngsten-, Jugend-, Zwischen-, Offene, Champion-, Gebrauchshunde-, Ehren- und Veteranenklasse). Zwischen den Siegern der Zwischenklassen, Offenen Klasse und Gebrauchshundeklasse wird nun noch die sog. Anwartschaft verliehen. Die Anwartschaften werden zur Erreichung eines Championtitels benötigt. Championtitel werden national (Nationaler Schönheitschampion) oder international (Internationaler Champion) vergeben.
Die Sieger der Sieger
Das absolute Highlight des Ausstellungsgeschehens in Europa ist die Cruft`s.
Die Ausstellung des britischen Kennelclubs in Birmingham bei London. Im Gegensatz zu anderen Ausstellungen muss sich ein (ausländischer) Hund für diese Ausstellung z.B. durch den Gewinn eines Championtitels qualifizieren. Die Cruft´s wird seit 1891 unter diesem Namen abgehalten und dauert vier Tage. Dabei sind Meldezahlen im fünfstelligen Bereich zu verzeichnen.
In den letzten Jahren regt sich jedoch auch immer mehr Kritik am Vorgehen der Rassehundezucht. Es werden zu viele Extreme toleriert. Dazu gehört die immer weitere Verkürzung der Schnauze von z.B. Bulldoggen oder Mopsen, das in Kauf nehmen von (erblichen) Knochenveränderungen und damit einhergehender Beeinträchtigung des Geh- und Laufvermögens u.a. des Deutschen Schäferhundes, die Zunahme von Hautfalten an Kopf und Körper von Molossern und Bassets. Andererseits bedeutet Rassehundezucht jedoch auch, dass bestimmte Eigenschaften mit hoher Wahrscheinlichkeit genetisch in der Rasse verankert sind und sich ein Käufer darauf verlassen (Hütetrieb bei Hütehunden, Apportierfähigkeit bei Retrievern, Felleigenschaften z.B. beim Pudel etc.).
Beispiel eines Richterberichtes:
“5jähriger, stolzer Rüde von ausgezeichneter Gesamterscheinung, sehr schöner Kopf, wunderschöner Ausdruck, vollzahnig, typvolle obere Linie im Stand und in der Bewegung, ausgezeichnete Winkelungen, korrekter Brustkorb in allen Teilen, ein Hund, der sich im Stand sowie in der Bewegung von seiner besten Seite zeigt, schönes dichtes Haarkleid” V3
Das heißt der Hund erhielt die höchste Formwertnote und wurde auf den dritten Platz gesetzt.
Ein Tag unter Freunden
So viel zu den “technischen” Daten. Letztendlich ist ein Tag auf der Ausstellung ein Tag mit Freunden, oft trifft man sich nur da und das nur über die Ausstellungssaison. Das Ganze gleicht dann einem Campingplatz mit vielen Zelten, Campingstühlen und Sonnenschirmen. Da wir mitgebrachter Tee oder Kaffee getrunken, Kuchen gegessen, mit Sekt angestossen (ob mit oder ohne Grund). Es bilden sich Grüppchen und Clans aus den Welpenkäufern eines bestimmten Züchters. Es werden gemeinsam die Hunde nach eigener Meinung im Ring begutachtet, gemeinsame Gassirunden gedreht und man läßt es sich einfach gut gehen.
Ganz besondere Freude kommt im Frühjahr auf, wenn die Ausstellungssaison neu beginnt. Falls sich jemand mit dem Gedanken trägt einen Rassehund anzuschaffen, dann ist eine Ausstellung ein toller Ort um die einzelnen Typen der Rasse anzuschauen und zu vergleichen. Jeder Züchter bringt ein klein wenig Individualität in “seine” Rasse, legt für sich seine Prioritäten fest, nach denen er züchtet.
Somit sind nicht alle Rassevertreter uniform, sondern unterscheiden sich durchaus in Nuancen.
Auf Ausstellungen lassen sich Kontakte zu Züchtern und Besitzern knüpfen und Informationen austauschen. Ein Besuch lohnt sich auch dann, wenn man selbst nie bei dem “Zirkus” mitmachen möchte.
Und falls man doch Geschmack daran gefunden hat, muss man sich immer vor Augen halten, dass der eigene Hund sowieso der Schönste ist und daran auch ein Richterurteil oder ein weniger gutes Abschneiden etwas ändert. Auch Ausstellungen sollte man sportlich und mit Fairness nehmen.
Vielleicht fragt man sich auch, ob es denn den Hunden Spass macht da herumzustehen und im Kreis zu rennen. Da unterscheiden sich die Hunde wie die Menschen.
Mein älterer Rüde findet es eher öde. Der junge hingegen ist eine richtige Rampensau. Er stellt sich in Pose, bietet sich an und hat offensichtlich richtig Spass.
Ein Showman!
Ein Gastbeitrag von Jana Keim, von Sayhas
Alle Bilder & Quelle: Jana Keim