Timo

Augen wie Teetassen am frühen Morgen schauen auf uns – unser Trio infernale und mich. Der Blick sagt: Jetzt sind die Oehls komplett verrückt! Unsere Nachbarn sind sooo lieb, wir sind ja schon Exoten, aber nun? Wie kann man nur? Und was, Oehls haben einen dritten Hund? Es ist schon juxig, dieses Trio laufen zu sehen. Einer schnüffelt, einer pieselt, einer zieht voran.

Unser Trio besteht aus Charly, einem Pekinesen, Gustel, der Chefin, ein Shitsu-Beagle-Mix und nun Timo, einem scheinbar
reinrassigen Zwergpinscher. Nein, wir haben uns keinen dieser Hunde ausgesucht – wir haben sie bekommen.

Charly war im Alter von vier Jahren von seiner Familie angeblich wegen Umzugs in Kroatien in die Tötung gegeben worden. Er ist ein besonderer Hund, sehr eigenwillig, dickköpfig, manchmal richtig launisch und doch eine geliebte Knutschkugel. Wenn man ihm ins Fresschen schaut, muss man ihm gut sein. Er sollte hier nur geparkt werden, bis die Vermittlungsstelle keine heiße Hündin mehr hatte.

Er wurde unser Hund, obwohl wir zu dem Zeitpunkt noch zwei größere Hunde hatten, die dann plötzlich so krank waren, dass wir sie zusammen gehen lassen mussten. Gut, dass wir Charly hatten. Wir hätten den Verlust von zwei Hunden auf einmal nicht ertragen.

Charly wäre auch gern allein geblieben, aber es sollte anders kommen. Unsere Freundin, die ein privates Tierheim betreibt, hat eine Hündin bekommen, die altersmäßig und größenmäßig zu Charly passte; sie hatte kein schönes Schicksal hinter sich – sie kam zu uns.

Zu Charly passte sie, aber nicht zu den Herdenschutzhunden im Tierheim. Und dann kam neulich ein Telefonat mit unserer Freundin – in einer ihrer Pflegestellen saß Timo, der Pinscher; niemand wollte ihn wirklich und die Pflegestelle musste ihn nun aus beruflichen Gründen rausgeben. Schon lange stand er zur Vermittlung. Wohin mit ihm?

Nein, ein dritter Hund war nicht geplant, aber wir wollten unserer Freundin, die eigentlich mit ihren vielen Großen ausgelastet war und keinen Platz für den Winzling hatte, helfen. Also holten wir Timo. Er trennte sich schwer von seinem
Pflegeherrchen. Auf dem Weg zu uns musste er immer wieder weinen. Dieses kleine Wesen; ich musste es trösten und zwischen uns wuchs etwas… Nein, dieser Hund hat sich so schnell und so intensiv an mich angeschlossen und an die Meute, er ist angekommen, auch wenn die Leute über dieses Trio infernale den Kopf schütteln.
Timo hatte erst Angst vor unseren Katzen, schnell stellte er fest, dass sie ganz ruhig und souverän sind, ja sogar Köpfchen geben wollten. Mit ihnen ist er heute nach einer Woche schon mehr befreundet als mit den Hunden.
Aber der kleine Kerl kennt schon unsere Zeiten, er singt und hört nicht auf, wenn er meint, dass es nun rauszugehen hat.
Mittags legt er sich zu mir auf die Couch und er läuft mir überall hin nach. Sowas wieder in andere Hände geben: unmöglich.
Er ist so clever, dass er schon nach den wenigen Tagen ohne Leine in den Garten gelassen werden konnte. Er schaut nur, ob seine Menschen auch noch da sind. Dass er so schnell vertrauen kann; ich habe es mir gewünscht, mir aber nicht vorstellen können. Dieses Vertrauen enttäuschen und ihn weitergeben? Nicht mit mir! Wir sind und bleiben eben Pflegestellenversager und da wir älter sind, nehmen wir bewusst auch nur ältere Hunde aus dem Tierschutz.

Übrigens – Timo hört von unserer Bande am besten.

Nachtrag:
Inzwischen ist Timo bereits anderthalb Jahre bei uns, unser Hund geworden und zusammen sind wir ein gutes Team. Jeder Hund hat sein eigenes Wesen, aber das ist auch gut so. Mehr soll es auf keinen Fall werden, auch im Interesse der Tiere.

Karin Oehl

Bild und Text:
Karin Oehl