Ein Beagle als Familienhund? Alica Junker ist zum Beagle gekommen wie die Jungfrau zum Kind – und berichtet von dieser einprägsamen Erfahrung.
„Beagle sind schrecklich“, dachte ich früher
Ich fand Beagle früher schrecklich. Unsere Nachbarn besaßen ein besonders eigenständiges Modell namens Fritzi, das allen Beaglevorurteilen entsprach. Sie hörte nicht, sah aus wie eine Billardkugel auf vier Beinen und der Zaun wurde nach zwei Jahren eineinhalb Meter tief in den Boden eingesenkt, denn der Hund war nie im Garten, sondern meist spurlaut im angrenzenden Wald anzutreffen. Bei Lotte war es Liebe auf den ersten Blick und auf den zweiten die perfekte Hundeentscheidung.
Was macht einen guten Familienhund aus? Und taugt der Beagle dabei?
Familienhunde sind Allrounder, sie sollten nicht zu groß sein, mal einen Knuff vertragen können, Stress und Hektik wegstecken und abends bitte Papas Füße küssen. Ginge es allein um diese Kriterien, Beagle wären in vielen Haushalten anzutreffen. Sie sind bunt wie eine Kuh und ihre Mimik ist zum Anbeissen. Lotte bringt mit ihrer kessen Art jedes Männerherz zum Schmelzen.
Wenn mich allerdings jemand anspricht, dann rate ich kategorisch vom Beagle ab!
Beagle sind richtige Sturköpfe, sie wurden zur eigenständigen Arbeit gezüchtet, der labbitypische „Will-to-please“ liegt ihnen fern. Wer sich hier schon über gut gemeinte Tipps hinwegsetzt, wird ein guter Beaglebesitzer.
Beagles lieben Familie, sie sind Meutehunde, unglaublich freundlich und verschmust, sie lieben jeden und suchen sich keine spezifische Bezugsperson. Lotte zeigt ihre Anhänglichkeit auf Beagleart, auf der Jagd sucht sie irgendwann nach mir, spätestens, wenn keine interessante Fährte mehr zu finden ist. Eine konsequente Erziehung ist wichtig, aber hier liegt auch oft der sprichwörtliche Hund begraben.
Meiner sehr klaren Erziehungslinie folgen die wenigsten Familienmitglieder. Bei meiner kleinen Schwester sitzt Lotte auf dem Schoss – während des Essens wohlgemerkt, mein Paps füttert sie vom Tisch, meine Mum legt stets eine Decke parat, damit der Hund auf dem Bett und dem Sofa schlafen kann, schließlich ist sie der Großkinderersatz und sie ist so niedlich.
Beagle sind sehr intelligent, man sollte klaren Regeln im Umgang folgen
Lotte nutzt das schamlos aus, sie weiß genau, wie sie sich die Leute weichkocht. Das sollten Neubeaglebesitzer im Auge behalten, jeder in der Familie muss sich an die Regeln halten. Das steht zwar auch sonst in jedem Hundebuch, unsere Labbis haben uns aber solche Nachlässigkeiten mit Augenzwinkern verziehen. Beagles werden das nicht tun. Sie suchen sich die kleinsten Schlupflöcher und loten sie aus, zielstrebig und mit einer ungeahnten Ausdauer.
Sport tut gut (und ist vonnöten)
Beagle wollen beschäftigt werden, es sind Lauf- und Schweisshunde, eine Stunde Gassi reicht nicht, sonst werden sie fett und langweilig.
Ihre Nase ist exzellent, deshalb haben Beagle eine ganz eigene Vorstellung von guter Beschäftigung. Ich gehe fährten, mindestens einmal in der Woche, neben anderem Hundesport, so werden die verlockenden Fährten im Wald uninteressanter und Lotte wird eine gute Nachsucherin für die Jagd.
Wer einen Beagle für seine Familie möchte, der sollte unbedingt eine Hundeschule besuchen und zwar länger als nur den Welpen- und Junghundekurs, lebenslanges Lernen lautet die Devise. Dafür machen Beagle jeden Spass mit: Agility, Fährte, Hundesport, Mantrailing, die Liste ist lang. Haben sie allerdings keine Aufgabe, dann suchen sie sich eine, wie Fritzi oder Lotte, die mir als Junghunde gefühlte zweihundert Bücher in ihre Einzelteile zerlegt haben, daneben noch ein Sofa, Teppiche und Körbchen.
Sie sind immer noch nicht abgeschreckt? Dann üben Sie schon mal möglichst laut fluchen, denn Beagle haben einen eigenen Kopf und in praktisch allen Fragen große Ausdauer, nur bei Fressen werden sie schnell schwach. Meutehunde halt, wer nicht schnell genug schlingt, kriegt nichts ab. Mein Züchter erzählte mir, dass es Hundeschulen gibt, die Beagles ablehnen, aber Beagles können – entgegen der landläufigen Meinung – sehr gut mitarbeiten, wenn sie den Sinn erkennen. Trotzdem sollte man keinen Kadavergehorsam erwarten. Wenn Sie einen Tag erwischen, an dem für den Hund alles, was aus Ihrem Mund sprudelt, sinnlos scheint, dann warten sie auf morgen. Beagle können die Geduld strapazieren, wer am Ende den längeren Atem beweist, der bekommt das Krönchen.
Wenn Papa heimlich vom Jagdschein träumt, die Kinder nicht mehr allzu klein sind und Mum gerne sportlich unterwegs ist, die Familie eine gute Prise Humor und eine tolerante Einstellung zu Eigenheiten hat, dann ist der Beagle der perfekte Hund.
Lesen Sie aber sicherheitshalber noch ein paar Bücher über Beagles und sprechen Sie mit dem Züchter Ihres Vertrauens.
Für wen sind Beagle keine passenden Hunde?
Couchpotatoes, sehr junge Eltern mit wenig Zeit und weichgeherzte Zeitgenossen sollten lieber die Finger von den kleinen Bunten lassen, sie werden sie nur allzu schnell um den Finger wickeln und zur angeleinten Plage werden.
Ich würde mir jederzeit wieder einen Beagle anschaffen, sie passen in jedes Velokörbchen und trotzdem sind sie keine verzärtelten, kleinen Hunde.
Im Hundesport und auf der Jagd ist Lotte eine Kanone, schnell, spritzig und witzig.
Ich liebe ihre beagletypischen Eigenheiten und habe so viel wie noch bei keinem Hund über Erziehung, Motivation und Erfolgserlebnisse gelernt.
Beitragsbild & Quelle: Alica Junker