Euer Welpe zieht demnächst ein oder ist schon da?
Was mache ich jetzt im Lockdown und bei Kontaktverbot? Wie soll ich meinen Welpen sozialisieren?
Die Hundeschulen haben geschlossen und das wird noch einige Monate so sein. Wer unterstützt mich jetzt?
Keine Panik!
Macht Euch einen Plan. Hakt die Punkte ab die Ihr machen solltet.
Punkt 1:
Für die Theorie wie Stubenreinheit, Beißhemmung, alle wichtigen Anfangsfragen rund um den Welpen und erste Übungen ist ein Online Welpenkurs mit direktem Training eine gute Alternative zum Hundeplatz. Die Lerneinheiten gestalten sich genauso wie auf dem Hundeplatz, nur ist der Welpe im warmen Wohnzimmer und nicht bei Minusgraden eine Stunde am Hundeplatz.
Punkt 2: Verschiedene Umweltreize.
Benutzt einfach verschiedene beliebte Spazierwege. Draußen trifft man so viele Menschen wie noch nie im Winter. Gerade auf dem Land ist es belebter denn je. Familien mit Kinderwagen, Fahrräder, Kinder mit Rollschuhen oder Roller trifft man überall. Ski-Langläufer, Kinder mit Schlitten, Walker oder Jogger – jeder ist unterwegs. Es ist schließlich das Einzige, was wir momentan noch dürfen.
Somit kann ich schon ein paar Dinge abhaken: Ich packe den Welpen ein und auf geht’s zum Sozialisierungsspaziergang. Wenn er noch ganz klein ist, stecke ich ihn einfach vorne mit in den Mantel und trage ihn spazieren. Nur der Kopf schaut raus und so darf er die Welt erleben.
Die Schulen und Kindergärten sind geschlossen? Keine Sozialisierung mit verschiedenen Kindern ist möglich? Shoppen geht auch niemand? Alles ist zu?
Nutzt die Möglichkeit zu einem Spielplatz zu gehen, dort sieht man auch Kinder. Kindergärten haben Notbetreuung und dort kann ich auch mal schauen, wann die Kinder hingebracht werden. Es muss kein direkter Kontakt stattfinden. Es genügt, wenn der Welpe die kleinen Kinder erst einmal sieht.
In unserem Landkreis ist ein großes Einkaufscenter mit Lebensmittelgeschäften und einer beheizten Passage. Das ist perfekt! Ich nehme eine kleine Unterlage und meinen Welpen mit und stelle mich in der Passage an den Rand. Der Welpe liegt auf seiner Unterlage und ich lasse ihn einfach die vorbeilaufenden Menschen ansehen. So gewöhnt er sich an die Geräusche und daran, dass jede Person einen Mundschutz trägt. Da gibt es ältere, jüngere Menschen, Kinder, Menschen mit Einkaufstaschen oder Rollator, mit Gehstock usw. Das kann ich auch bei jedem beliebigen Lebensmitteldiscounter machen. Dort habt Ihr außerdem noch klappernde Einkaufswägen und zuschlagende
Autotüren. Somit werden auch gleich Geräusche mit geübt, auch einmal Aufzug fahren oder eine Treppenstufe hochsteigen. Solche Gelegenheiten gibt es fast überall.
Sucht einen Bahnhof und eine Bushaltestelle auf. Wichtig ist, anfangs einen großen Abstand zu halten, denn der Welpe kennt keinen Bus oder einfahrende S-Bahnen. Geht in die Hocke, lasst ihn zwischen euren Beinen sitzen und einfach zuschauen, wenn die S-Bahn einfährt und die Menschen aus- und einsteigen. Das kann auch in einem Abstand von 30 Meter stattfinden. Dasselbe gilt für Bushaltestellen. Lasst den Welpen von der anderen Straßenseite aus mit viel Abstand zuschauen, wie der Bus kommt, Menschen aussteigen und weggehen. Nutzt einfach das, was momentan möglich ist. *
Entscheidend ist, dass der Welpe lernt mit neuen Situationen umzugehen.
Je mehr verschiedene Dinge er angstfrei erlebt, umso umweltsicherer wird er.
Punkt 3: Verschiedene Tiere.
Macht jeden Tag einen kleinen Abenteuerspaziergang mit dem Welpen. Packt ihn ins Auto, fahrt zu einer Pferdekoppel, schaut das Wild im Wildgehege an, zeigt ihm Ziegen, Kühe, Schafe, Hühner, Hasen, usw. Vielleicht gibt es einen Bauernhof in der Nähe, der einen Direktverkauf anbietet. Dann kauft dort ein und nehmt den Welpen mit. Ihr dürft bestimmt mal einen Blick in den Kuhstall und zu den dortigen Tieren riskieren. Es genügt anschauen auf Distanz, es muss kein direkter Kontakt stattfinden. Lasst den Welpen die Umwelt erkunden!
Wichtig ist: Qualität vor Quantität!
Lieber ein guter Kontakt mit einem Menschen, als zwanzig Menschen und einer davon tatscht dem Welpen auf dem Kopf rum, beugt sich über ihn oder erschrickt ihn. Damit ist nichts gewonnen. Für die Hundekontakte auf dem Land nutzt die bekannten Gassi-Strecken in eurer Gegend. Dort trefft Ihr sicher auch auf Welpen.
In der Stadt bieten sich die Parks an. Achtet darauf, dass der Welpe positive Hundekontakte hat. Nicht dass der große Hund über den kleinen Welpen hinweg rumpelt und dieser schreiend am Boden liegt. Das ist eine schlechte Erfahrung, die sollte ihm erspart bleiben. Fragt vor dem Kontakt erst, ob der andere Hund Welpen mag und sanft ist. Wenn es die Besitzer nicht wissen, dann lasst es bleiben. Euer Welpe ist kein Versuchskaninchen.
Punkt 4: Grunderziehung von Anfang an!
Es ist sinnvoll, wenn der Welpe lernt an anderen Hunden vorbeizugehen ohne Kontakt zu haben. Das wird er später auch müssen. Früh übt sich wer Meister werden will.
Dann könnt Ihr auch gleich üben an Menschen vorbeizugehen ohne dass der Welpe jedem „Hallo“ sagen will. Mindestabstand hilft Euch dabei, da jeder sowieso ausweicht und es dadurch einfacher für Euch und den Welpen wird.
Eine kleine Übung damit es leichter fällt:
Den Welpen anfangs an einer Tube Leberwurstpaste schleckend in einem kleinen Bogen vorbeiführen, damit es ihm leichter fällt und er nicht in der Leine hängt. Das gilt bei Menschen- und Hundebegegnungen. Das, was er jetzt machen darf, wird er als großer Hund auch tun. Dann wird aber, je nach Rasse, ein 40 kg Hund in der Leine hängen und zum anderen hinziehen wollen. Das will dann niemand mehr.
Das Anspringen sollte auch in akzeptables Verhalten umgelenkt werden. Es gilt vier Pfoten am Boden werden belohnt. Anspringen von fremden Personen verhindern durch die Leine. Jeder findet den Welpen süß und lässt sich anspringen, animiert ihn sogar noch dazu, später wird man beschimpft werden, wenn er genau das gleiche macht. Denkt dran: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“
Punkt 5: Alleine bleiben ohne Trennungsangst.
Ein wichtiger Punkt ist das „Alleine bleiben“. Das gestaltet sich tatsächlich etwas schwierig. Jeder ist daheim und die Kinder haben Homeschooling, man selber sitzt im Homeoffice. Es ist schwierig das Alleinsein zu üben, da immer jemand da ist. Die ersten drei Wochen sollte der Welpe sowieso nicht alleine bleiben.
Dann sind es wenige Minuten, die langsam gesteigert werden. Plant es ein, dass es regelmäßig geübt wird. Je älter der Welpe ist, umso schwieriger wird es, wenn man plötzlich wieder arbeiten muss und er jetzt vier Stunden alleine bleiben soll. Das geht nicht. Übt jetzt schon. Schließt einmal die Türe vor dem Welpen und kommt gleich wieder zurück. Bringt zum Beispiel den Müll raus und lasst den Welpen in dieser kurzen Zeit allein. Fangt mit zwei drei Minuten an: Schickt die Kinder zum Spielen nach draußen oder geht nur kurz vor die Tür oder nur ein paar Minuten spazieren. Dann steigert ihr diese Zeiten des Alleinseins langsam. Macht Euch einen Plan wie lange der Welpe später alleine bleiben soll und arbeitet darauf hin. Der Tag wird schneller kommen als Ihr denkt.
Punkt 6: Sonderfall Quarantäne
Jetzt haben wir noch den Fall, dass ihr in Quarantäne seid. Sind jetzt schon wieder 14 Tage oder gar länger verloren? Nein!
Man kann auch daheim üben. Alle Küchengeräte, die man besitzt, mal einschalten: vom Staubsauger über Mixer, Bohrmaschine, Zauberstab und Co. Dann kann man sich außerdem eine Geräusch-CD bestellen und abspielen. Es gibt hier tausend verschiedene Möglichkeiten. Benutzt YouTube: Auch dort kann man sich verschiedene Geräusche anhören.
Schaltet den Fernseher ein: Dokumentationen mit verschiedenen Tieren, Zügen usw. Ihr werdet erstaunt sein, wie viele Welpen auf einen bellenden Hund im Fernsehen reagieren.
Zieht außerdem daheim verschiedene Kleidungsstücke an: Mal Sommerkleidung, Badeanzug, Kleider usw. oder auch Winterkleidung mit Mantel, Mütze und Schal. Das ist eh sehr empfehlenswert, denn Welpen lernen im Winter nur dick vermummte Menschen kennen. Nun ist daheim noch die Sommerparty mit Meeresrauschen und Liegestuhl im Wohnzimmer angesagt. Bittet alle Familienmitglieder mitzumachen, ist auch mal ein etwas ungewöhnlicher Spaß für die ganze Familie. Humpel z. B. auch mal mit Krücken oder Gehstock. Die Kinder dürfen rennen, klatschen, mal rumschreien, und Ball spielen. Je kreativer ihr seid, umso weniger stressen den Welpen später neue Dinge. Achtet aber darauf, dass der Welpe nicht ängstlich in diesen Situationen ist. Es sind nur ein paar Tage und da ist noch viel Zeit für draußen übrig.
Folgendes Resümee kann ich aus Hundetrainersicht über den Lockdown letztes Jahr ziehen:
Welpenbesitzer die sich ohne jede Unterstützung wie Onlineunterricht durchgekämpft haben, besonders Ersthundebesitzer, haben einige Fehler mit Folgen gemacht. Behütet in Haus und Garten, haben die Welpen keine Umweltreize kennengelernt, das hat bei vielen Welpen tatsächlich zu Angst- und Problemverhalten geführt.
Alle Welpenbesitzer die aktiv die Möglichkeiten zur Sozialisierung genutzt haben, besitzen heute gut sozialisierte Hunde.
Genießt die Zeit mit den kleinen Rackern! Sie ist so kurz und bis man schaut ist der Welpe groß. Die Welpen sind in dieser schwierigen Zeit eine absolute Bereicherung.
Eure Hildegard Stepberger
Hundeschule Amperland
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*Anmerkung der Redaktion es müssen natürlich die entsprechenden Lockdownregeln der Regierung eingehalten werden.
Text & Beitragsbilder:
Hildegard Stepberger/pixabay
Titelbild: pixabay