„Upps… das ist ein Rassehund!?“ ist die übliche peinlich berührte Reaktion von Passanten (und manchmal insgeheim wohl auch von Ausstellungsrichtern) und wenn ich dann sage „Ja, sogar ein ganz Spezieller, denn beim Lundehund handelt es sich um die Rasse mit den meisten anatomischen Besonderheiten. Auch ist sie eine der seltensten Rassen auf der Welt.“ dann ist es den Leuten gleich noch unangenehmer. Aber eben, es ist eine der seltensten Rassen (ich schätze 2000 Exemplare weltweit), also ist es auch keine Schande sie nicht zu kennen – es sei denn natürlich man ist Ausstellungsrichter, aber das ist eine andere Geschichte.
Lundehunde sind kleine Hunde (32-38 cm bei 6-7 kg), die entfernt an einen Fuchs erinnern. Sie haben ein rötlich-braunes, weiß-geschecktes Fell mit schwarzer Stichelung.
Gezüchtet wurden sie ursprünglich auf den norwegischen Lofoten für die Jagd auf Papageientaucher, auf Norwegisch „Lunde“ genannt.
Die Aufgabe der Hunde war es, die Jungtiere dieser Seevögel aus deren Bruthöhlen in den steilen Felsklippen herauszuholen.
Zu diesem Zweck war nicht nur ihre geringe Körpergröße von Vorteil sondern auch besagte anatomische Besonderheiten, die da wären:
Der Lundehund ist ein begnadeter Kletterer
Diese Besonderheiten machen ihn ungemein beweglich und zu ausgezeichneten Klettern. Sie können sich innerhalb der Bruthöhlen leicht drehen und wenden. Die Zusatzzehen geben Halt auf den Felsen und die Ohren können so gefaltet werden, dass kein Schmutz und Spritzwasser hinein gelangt. Auch im täglichen Leben helfen ihnen diese Qualitäten, denn sie können sich ebenso drehen und wenden, wenn man ihnen beispielsweise die (mind. 24!) Krallen schneiden möchte und wenn sie mal die Sinnhaftigkeit eines Kommandos in Frage stellen, dann verschließen sie ihre Ohren vermutlich auch.
Die Geschichte des Norsk Lundehundes
Die Rasse ist seit dem Mittelalter bekannt, aber vermutlich noch älter. Vom Typ her entsprechen sie den ersten Hunden überhaupt, wie dem vor ca. 15.000 Jahren lebenden Torfhund.
Durch den ersten Weltkrieg und da die Papageientaucherjagd an Bedeutung verloren hatte, wurde die Rasse stark dezimiert. In den 1930er Jahren gab es nur mehr ca. sechs Exemplare auf die alle heute lebenden Lundehunde zurückgehen.
Ein Charakter, besser als jedes Antidepressivum!
Doch so richtig besonders macht den Lundehund erst sein Charakter, denn sie wirken besser als jedes Antidepressivum. Wenn man sein Leben mit einem Lundehund teilt muss man einfach ständig lächeln. Es reicht schon, wenn sie mit ihrem paddelnden Gang des Weges wuseln – schon ist man gut gelaunt. Und egal wie viel sie kläffen – und ja sie kläffen mitunter sehr gerne – oder staubsaugerartig jeden Müll vom Boden aufsaugen – je ekliger desto besser… sie machen’s sofort wieder gut, weil sie gleich wieder irgendetwas Lustiges machen.
Für Jedermann ist die Rasse dennoch nicht geeignet. Zum Ersten fallen schon mal alle mit lärmempfindlicher Nachbarschaft aus… und nein, man kann es ihnen nicht einfach abtrainieren zu Bellen!
Es sind auch typische nordische Hunde mit ihrem eigenen Kopf, immerhin wurden sie ja auch darauf gezüchtet selbstständig zu jagen und Entscheidungen zu treffen. Im Normalfall fällt allerdings die Entscheidung immer zu Gunsten eines Leckerlis aus, weshalb sie verhältnismäßig gut zu erziehen sind. Sie sind auch meist sehr fixiert auf ihren Besitzer, weshalb sie zwar recht gut ohne Leine laufen, aber eher schlecht alleine bleiben können.
Auch wenn ich mich davor scheue eine Rasse als kinderfreundlich zu bezeichnen, so ist der Lundehund schon sehr auf einer Wellenlänge mit Kindern… natürlich setzt das hundefreundliche Kinder voraus und nur weil es ein kleiner Hund ist, darf er nicht zum Spielzeug verkommen.
Ein Hund im Kleinformat
Der Lundehund ist ein ganzer Hund im praktischen Kleinformat, der sich gerne sportlich betätigt, aber nicht ununterbrochen bespaßt werden muss.
Im Allgemeinen ist er sehr sozial und freundlich, verspielt und extrem entzückend. Nur eines sind er leider nicht immer: gesund.
Über der Rasse schwebt ein Damoklesschwert namens „Lundehundsyndrom“. Meiner Meinung nach auf Grund des kleinen Genpools und der starken Inzucht beim Wiederaufbau der Rasse, treten verschiedene Magen-Darm-Erkrankungen relativ häufig bei der Rasse auf und ca. 30% aller Lundehunde sterben daran.
Es wird sehr viel auf diesem Gebiet geforscht und man lernt immer mehr, trotzdem kann man zum gegenwärtigen Zeitpunkt züchterisch noch nicht dagegen vorgehen. Es kann also jeder Lundehund jederzeit erkranken. Dessen muss man sich bewusst sein, wenn man sich für die Rasse entscheidet. Es gibt keine sicher gesunde Linie und keine Garantie.
Es wird empfohlen Lundehunde möglichst fettarm mit Fisch und Geflügel zu ernähren und regelmäßig Bluttests durchführen zu lassen. Neben der ständigen Sorge, kommt also auch noch eine zusätzliche zeitliche und finanzielle Belastung auf einen Lundehund-Besitzer zu.
Natürlich kommen bei vielen Hunderassen diverse mehr oder weniger schreckliche Krankheiten vor und abgesehen vom Verdauungssystem gilt der Lundehund sogar als ziemlich gesunde Rasse, die nur selten an anderen Gebrechen leidet. Trotzdem muss man eine große Portion Idealismus und Liebe zur Rasse mitbringen, wenn man sich für einen solchen Hund entscheidet. Nachdem meine erste Hündin im Alter von acht Jahren an „Lundehundsyndrom“ gestorben ist, stellte auch ich Beides in Frage, aber nur kurz… denn ich habe noch ihre Tochter und einen jungen Rüden, die mich in jedem Augenblick davon überzeugen, dass diese Rasse es wert! Man kann sich gar nicht so viele Sorgen machen, dass diese mehr wiegen als die Freude, die ein solcher Hund einem täglich bereitet.
Ein Gastbeitrag von Alina Geishofer
Alle Beitragsbilder & Quellen: Alina Geishofer