„Also, bei mir traut sich garantiert kein Hund zu klauen. Das ist meine super dominante Art, die sie einfach viel zu sehr einschüchtert.“ erklärt ein Bekannter während er ausschweifend gestikuliert und sein pures männliches Aroma verströmt. Ich unterdrücke ein Lächeln und stecke mir schnell noch eine Gabel voll mit köstlichen Apfelkuchen in die Schnute.

Verstohlen blinzle ich über den Tisch zu Nayeli, die den Kuchen erfasst hat und genau weiß wie gut der schmeckt. „Sei lieber vorsichtig. Nayeli ist nicht wie andere Hunde“ warne ich ihn leise und nehme mir Nachschlag. Sicher ist sicher. Mein Bekannter setzt gerade zu einer Antwort an, als alles ganz schnell geschieht. Ein rotbraunweißer Schatten, aufblitzende Zähne und schon ist sein Teller leer.

Er sitzt da.
Seine Kinnlade klappt nach unten wie in einem schlechten Zeichentrickfilm und ich pruste unwillkürlich los. Mein Hund sitzt mittlerweile ihre Leftzen leckend und zufrieden neben mir. „Soviel zu Deiner unglaublich dominanten Ausstrahlung“ versuche ich hervorzuprusten. „Die wirkt irgendwie weder bei mir, noch bei meinem Hund.“ Mein Bekannter läuft puterrot an, die Augen treten hervor und ich grübel darüber nach wann und ob es Zeit ist den Notdienst zu rufen. Ich richte mich auf eine Schimpftirade vom Feinsten ein und stelle schon mal die Ohren auf selektives Hören.

Da lässt er sich in den Stuhl zurückfallen und lacht laut japsend los. „Das ist kein Hund. Das ist ein Biest!“ keucht er zwischen zwei Lachern und ich stimme mit ein.

Es rappelt in der Küche

Bild & Quelle: Pauline Fiedel

Ja, dieser Hund ist ein kleines, aber feines Biest das stets besorgt um meine Ernährung und mein Gewicht ist. Denn tatsächlich klaut Madame mit besonderer Vorliebe süße und fettige Sachen. Salat und Obst darf ich allein essen. Wie großzügig Sie doch ist.

Nun denn ist ein klauender Hund nicht gerade eine schöne Angelegenheit und in meiner Naivität war ich natürlich der festen Überzeugung, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt und ich den Vielfraß schon wieder auf die richtige Spur bringen könnte. Und so wurde das Problem angegangen mit Schreckreizen und Chili Sauce.

Mit Versuchen sie massiv körperlich zu maßregeln und noch mehr Dingen für die ich mich heute schäme. Denn im Prinzip war ich ja selbst verantwortlich für das Klauen.

süßer Hund in der Küche

Bild & Quelle: Pauline Fiedel

Denn wenn ein niedlicher 12 Wochen alter Australian Shepherd Welpe vor euch sitzt und mit seinem niedlichen rosa getupften Schnäuzchen etwas von eurem Teller nimmt – könnt ihr dann böse sein? Ich war es nicht und so manifestierte sich das ganze im Verlaufe der Jahre zu einem echten Problem. Für den Australian Shepherd wird gern mit seiner guten Auffassungsgabe, seiner Intelligenz und seiner schnellen Lernfähigkeit beworben. Das sind auch wirklich großartige Eigenschaften. Sie machen den Umgang mit diesen Hunden sehr leicht denn sie begreifen Übungen innerhalb kürzester Zeit. Leider nicht nur die, die wir für richtig halten sondern sämtliche Übungen die lohnenswert sind. Und was gibt es Lohnenswerteres als ein saftiges Wiener Schnitzel vom Teller zu nehmen und sich einzuverleiben?

Dazu sollte ich wohl erwähnen das Nayeli noch nie einen Teller oder ein Glas (ja, Glas sie genehmigt sich auch gern mal einen Schluck Eiskaffee) zerbrochen hat. Sie besitzt tatsächlich filmreifes Geschick dabei, ihre Beute schnell und effizient zu packen und zu verschlingen.

Zum Leidwesen von Luna die stets vergeblich die Krümel sucht.

Eine Zeit lang fand ich mich damit ab die Hunde eben aus der Küche zu verbannen. Jedoch gehöre ich zu den Menschen die ihre Vierbeiner gerne überall um sich haben und so begann ich nach einer Lösung zu suchen. Ich schlug mit dem Kopf auf die Tischplatte, weil ich nicht schon eher darauf gekommen bin:

Nayeli würde niemals schlicht und ergreifend aufhören zu klauen, dazu war das Verhalten schon viel zu geprägt. Aber mein eifriger Arbeitshund würde sicherlich ohne zu Murren eine Alternative annehmen. Und so brachte ich ihr bei auf Signal auf ihren Platz zu gehen und festigte das Bleiben in ihrem Körbchen immer wieder durch kleine Belohnungen oder Leckereien.

Dabei war die Herausforderung das kleinschrittige Training denn natürlich versuchte Madame jedes Mal aufs neue sich zur Küchenzeile zu schleichen um dort zu stibitzen. Doch im Verlaufe der Zeit begriff sie was ich von ihr wollte und ging begierig auf ihren Platz wenn wir die Küche betraten. Sie fand Gefallen an der Aufgabe und freute sich natürlich über Lob und Leckereien. In allen anderen Räumen verläuft das mittlerweile genauso. Die Mädels haben ohnehin in fast jeden Raum Decken und Körbe und lassen sich durch das Training sehr schön mit einem Fingerzeig hinein dirigieren.

Also nein, ich habe es nicht geschafft Nayeli das Stehlen abzugewöhnen. Aber ich habe einen für uns vertretbaren fairen Kompromiss gefunden mit dem alle Parteien zufrieden sind und ziehe diesem ganz klar sämtlichen Rütteldosen und Co. vor.

Heute bin ich nicht mehr böse über das “Problem“ sondern viel eher dankbar dafür das Nayeli mir sehr konsequent gezeigt hat, dass es im Leben mit Hund nicht nur darum geht Verhaltensweisen an oder ab zu stellen sondern manchmal eben auch darum Alternativen zu nutzen.

Was sind eure Erfahrungen hiermit?

Ein Gastbeitrag von Pauline Fiedel

Alle Bilder & Quellen: Pauline Fiedel