Herzlich Willkommen zu Teil 2 der Beitragsreihe „Die 3 größten Mythen über Hunde„. Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema: Dominanz.

Ist Dominanz gut oder böse?

Dominanz oder eine dominante Verhaltensweise ist keines Wegs böse. Nur wir Menschen haben diesem Wort einen negativen Beigeschmack gegeben. Hauptsächlich in der Hundeszene. Vermutlich kommt diese Theorie von sehr alten Verhaltensforschungen und von einigen Hundetrainern, die immer noch aktiv nach dieser veralteten Theorie arbeiten.

Die nächste Frage, die du mir jetzt stellen könntest, wäre:

Was ist Dominanz eigentlich?

Bei einem dominanten Verhalten handelt es sich lediglich um eine Bewegungseinschränkung bzw. eine Bewegungskontrolle. Mehr ist es nicht. Wir könnten jetzt natürlich auch das Wort Dominanz durch Bewegungseinschränkung oder durch Bewegungskontrolle ersetzen. Da das Wort Dominanz aber schon so tief mit der Hundeerziehung und dem Hundeverhalten verbunden ist, würde es sicher mehr Verwirrung stiften, als es nützlich wäre.

Dein Hund und du, ihr beide dominiert auf die selbe Weise. Interessant, oder?

Um ein dominantes Verhalten verstehen und deuten zu können, musst du folgende 4 Hauptfaktoren beachten:

  • Körperhaltung der beteiligten Tiere
  • Die Häufigkeit der gezeigten Verhaltensweisen
  • Die Beziehungen zwischen den Tieren
  • Die aktuelle Situation

Schauen wir uns doch mal diese 4 Hauptfaktoren der Dominanz an

1. Körperhaltung der beteiligten Tiere

Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, ist ein dominantes Verhalten eine Bewegungseinschränkung. Wenn also Hund A alle anderen Hunde in der Bewegung einschränkt, hat Hund A die größte Bewegungsfreiheit. Gleichmäßig mit der Bewegungseinschränkung wird auch die Körperhaltung verändert. Ein Hund, der keine große Bewegungsfreiheit hat, macht sich verhältnismäßig klein im Vergleich zu dem Hund, der die größte Freiheiten hat. Dieser richtet seinen Körper auf.

2. Die Häufigkeit der gezeigten Verhaltensweisen

Mit einem Blick oder einem Ausschnitt einer Interaktion kann man zwar dominante Verhaltensweisen sehen, jedoch nicht wie die Tiere zueinander stehen. Dies werden wir aber noch ausführlicher im dritten Punkt behandeln.

Somit kann es sein, dass Hund A gegenüber Hund B ein dominantes Verhalten zeigt, aber seine Körperhaltung recht klein ist, im Gegensatz zur Körperhaltung von Hund B. In diesem Falle kann man durch die Körperhaltung dieser beiden Hunden bestens erkennen, ob es in dieser Situation ein dominantes Verhalten war.

3.Die Beziehungen zwischen den Tieren

Die Rangordnung, oder auch Rudelstruktur, wird durch die dominanten Verhaltensweisen aufgebaut. Dies ist manchmal etwas verwirrend, wenn man ein kleines Rudel mit 3 Hunden hat – Hund A, Hund B und Hund C. Es kann vorkommen, dass Hund A gegenüber Hund B dominant ist. Hund B gegenüber Hund C und – jetzt kommt die Verwirrung – Hund C gegenüber Hund A dominant ist. Somit bildet das ganze einen Kreis. Dieser Kreis zeigt auch deutlich, dass es in einem Rudel nicht immer einen Hund geben muss, der das Sagen hat.

Eine geklärte Dominanz-Beziehung erkennt man daran, dass der Hund, der dominiert wird, die Bewegungseinschränkung ohne Protest akzeptiert. Tut er dies nicht, dann kann man nicht von einer klaren Rudelstruktur sprechen.

4. Die aktuelle Situation

Ein weiterer sehr wichtiger Faktor ist die aktuelle Situation. Wenn wie unter Punkt 2 erwähnt ein dominantes Verhalten beobachtet wird, das eigentlich keins ist, liegt es vermutlich daran, dass die Situation sehr entspannt ist. So kann auch ein Kreuzen des Weges als dominantes Verhalten gesehen werden, was aber keins ist. Hinzu kommt noch, dass sich die Sozialstruktur ändert, wenn ein Tier die Gruppe verlässt – sei es für kurze Dauer oder für immer. Somit kann ein Hund in der Rangordnung auf- oder absteigen und plötzlich mehr oder weniger Bewegungsspielraum haben, wenn sich ein Hund oder Mensch entfernt, welcher eine höhere Rolle in der sozialen Gruppe hatte.

Was ist eine dominante Verhaltensweise? Woran erkennt man Dominanz?

Jetzt habe ich dir gezeigt, auf was man achten muss, um eine dominante Verhaltensweise zu erkennen und zu deuten. Nun schauen wir uns einmal genauer an, was überhaupt eine solche Verhaltensweise ist. Dabei will ich dir anhand von 2 Verhaltensweisen Beispiele zeigen und auch wie diese Verhaltensweisen beim Menschen und/oder beim Hund aussehen könnten.

An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass es keinen Katalog gibt, nachdem jeder Hund handelt.

Fangen wir doch am besten gleich damit an:

Verdrängen

Hund A läuft auf Hund B zu und Hund B weicht ohne Protest aus.

Dieses Verhalten kann man häufig bei Menschen in einem Angestelltenverhältnis oder in einem Einkaufsmarkt sehen. Wenn man im Einkaufsmarkt mit einem selbstbewussten Schritt (z.B. aufrechte Körperhaltung) den Gang entlangläuft, kann man viel häufiger beobachten, dass einem die Leute aus dem Weg gehen. Probiere das doch einmal aus. Es kann sein, dass es nicht gleich beim ersten Mal klappt, da dein Verhalten nicht authentisch genug ist. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister. :)

Da Hunde – logischerweise – nicht gerne in Einkaufsmärkten gesehen sind, kannst du es doch einfach mal bei deinem nächsten Spaziergang oder auf einer Hundefreilauffläche beobachten.

Weg verstellen

A stellt sich B in den Weg und A fixiert B mit seinem Blick. Hierbei muss der Blick von A nicht dauerhaft auf B gerichtet sein. Daraufhin bleibt B stehen und versucht eventuell an A vorbeizugehen. Dieser stellt sich erneut B in den Weg und fixiert ihn ggf. nochmals mit seinem Blick.

Der beschriebene Verhaltensablauf ist nicht sehr oft zwischen Menschen zu beobachten. Dafür kann man ihn sehr häufig bei Hunden wiederfinden. Sehr oft sieht man dies auf einer Hundewiese (mancherorts auch Freilauffläche genannt). Wobei hier nicht von einer Rudelstruktur die Rede sein kann, da die Tiere sich kaum bis gar nicht mehr in ihrem Leben sehen. Der Spruch „Die müssen das unter sich klären“ ist totaler Mist. Oft ist es angebracht, dass die Hundehalter eingreifen und ihren Hunden klare Regeln setzen, anstatt an diesem Satz festzuhalten.

Auch du kannst deinem Hund den Weg verstellen, aber beachte bitte, dass Hunde eine klare Struktur brauchen und wenn du deinen Hund immer – bis auf Hundebegegnungen oder wenn Bekannte dabei sind – in der Bewegung einschränkst, dann kann dein Hund dich nicht richtig ernst nehmen. Für Hunde zählt ein authentisches Gesamtbild.

Fazit

In diesem Beitrag habe ich dir einen kleinen Einblick in die Welt der Dominanz gegeben. Man könnte das Wort Dominanz, wie oben schon erwähnt, durch das Wort Bewegungseinschränkung ersetzen. Dominante Verhaltensweisen sind sozusagen Regeln, die es innerhalb der sozialen Gruppe gibt. Hunde brauchen Regeln, um sich in einer Gruppe sicher zu fühlen und um genau abzuschätzen wie weit jeder einzelne Hund gehen kann. Interessant ist hier, dass für uns Menschen auch Regeln nützlich sind.

Einem anderen Menschen können wir viel leichter Regeln aufzeigen, als einem Hund gegenüber. Wieso ist das so? Hast du hierzu eine Idee? Teile uns deine Idee doch in den Kommentaren mit.

Ein Gastbeitrag von Kevin Ludwig

Beitragsbild & Quelle: Counselling / Pixabay, creative commons public domain