Da steckt was Wahres drin, in diesem Spruch. Aber was hat dieser Satz in der Hundeerziehung zu suchen? Mein Charly ist ein sehr aufgeweckter Hund und leicht aus der Ruhe zu bringen. Kaum bemerkt er auf der anderen Straßenseite einen Hund, geht das Gezanke los. Ein Fußgänger spaziert an unserem Zaun entlang, schon wird er zum Frühstück verspeist. Es hört sich zumindest so an.
Wie wird mein Hund ruhiger?
Indem ich als erstes dafür Sorge, dass ich zur Ruhe komme. Meinem Hund ist nicht geholfen, wenn ich wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Haus renne und von ihm aber Gelassenheit verlange. Nein, so kann es nicht funktionieren.
Eine Veränderung muss her
Ein guter Freund und Hundekenner gab mir den Rat, erst einmal in mir selbst zur Ruhe zu kommen. Hunde bemerken leider allzu schnell, wenn Frauchen oder Herrchen unter Strom stehen. Nach langem Überlegen musste ich ihm Recht geben. Nicht Charly ist der Randalemacher, sondern ich. Wenn mein Blutdruck in die Höhe schnellt und ich Schnappatmung bekomme, dann muss er doch lautstark darauf reagieren. Mir ist aufgefallen, dass er sich in so einer stressigen Situation vermehrt kratzt und schüttelt. Wenn ich heute mit ihm zur Haustür gehe, achte ich darauf, dass ich ruhig atme und in leisem Ton mit ihm rede. Voila. Der Hund ist die Ruhe selbst.
Beim Gassigehen
Bevor wir losmarschieren, halte ich für einen kurzen Moment inne. Das kann einige Sekunden dauern oder auch mehrere Minuten. Je nachdem, wie gestresst ich an diesem Tag bin. Wenn mein Atem langsam ruhiger wird und ich die verkrampften Muskeln mit ein paar Dehnübungen gelockert habe, hole ich die Leine. Denn so entspannt, kann auch mein Hund gelassen darauf warten, bis ich ihm das Geschirr anlege und mir die Jacke angezogen habe. Vor einigen Wochen war daran nicht zu denken. Kaum erblickte meine Fellnase die Leine, ging der Zirkus lautstark los. Da wurde vor Freude gejault, gehüpft und auf den abgestellten Schuhen herumgetrampelt. So machte das Spazierengehen keinen Spaß.
Begegnung mit anderen Hunden
Meine Fellkugel ist ein kleiner Rüpel an der Leine. Kaum erspäht er Seinesgleichen am Horizont, stehen seine Nackenhaare zu Berge. Er plustert sich zur doppelten Größe auf und knurrt dem Hund entgegen.
*Komm nur her Freundchen, dann mach ich dich platt*
Prompt zittern meine Hände und mir wird flau im Magen. Charly deutet das als Startzeichen. Er wirft sich mit aller Kraft in die Leine und bellt wir verrückt.
Und ich stehe mit hochrotem Kopf daneben und hauche *das hat er noch nieeee gemacht, ehrlich*
Die Scham sitzt tief und ich sehe zu, dass ich mit meiner Fellnase nach Hause komme. Aber warum macht er das Theater überhaupt?
Tja, … da gibt es nur eine Antwort:
Weil ich vor Hundebegegnungen Angst habe. Und meine Fellnase spürt diese Angst. Kaum sind wir aus der Haustür, bete ich inbrünstig, dass wir heute von anderen Fellkugeln verschont bleiben. Und prompt zeigt sich der erste Hund am Horizont. Wie bestellt. Verkrampft halte ich die Leine fest und mein Herz schlägt bis zum Hals. Deutlicher geht es wohl nicht mehr. Charly muss mich natürlich vor der herannahenden Gefahr schützen und hängt zähnefletschend in der Leine.
Seitdem versuche ich bei Hundebegegnungen die Ruhe selbst zu sein. Beim Verlassen des Hauses male ich mir in Gedanken ein friedliches und harmonisches Zusammentreffen aus und wir spazieren gelassen mit locker durchhängender Leine an ihnen vorbei. Und wisst ihr was, es funktioniert. Von Tag zu Tag besser.
Ein Gastbeitrag von Sonja Rachbauer
Alle Bilder & Quellen: Sonja Rachbauer