Bei typischen Rassevorstellungen in unseren Ortsgruppen des Klub für Terrier e.V. (in dem die Rasse mit fast 30 anderen Terrier-Rassen organisiert ist) verwenden wir als Züchter gerne folgende prägnante „Kurzbeschreibung“:
(im Bild Kft-Jgd.Ch. „Nordcairn’s No Woman No Cry“)
Wesen und Herkunft
Unser „Werbeslogan“ klingt doch richtig süß, putzig und unkompliziert! So wie er aussieht, dieser kleine Hund (ca. 30+cm Schulterhöhe), mit blitzenden dunkelbraunen, fast schwarzen Augen hinter wuscheligen Stirnfransen, die uns offen, fragend oder auffordernd ansehen … unser niedlicher, handlicher Cairnie. Und so ist er auch … grundsätzlich … meistens … ja, schon sehr oft.
Eine andere gern verwendete Bezeichnung für die Cairns ist der Begriff „Kobold“ und damit kommen wir der Rasse und ihrem Wesen einen ganz großen Schritt näher (jetzt brauchen wir einen Smilie mit Augenzwinkern). Was sagt Wikipedia zum Thema „Kobold“: „Der Kobold ist ein Hausgeist, der das Haus schützt, aber seine Bewohner gerne neckt, allerdings ohne Schaden anzurichten Sie machen Spaß nach ihren eigenen Vorstellungen, was für andere nicht unbedingt spaßig sein muss. Um dieses Wesen besser zu verstehen, ist es sinnvoll, sich mit der Herkunft und der Verwendung der Rasse zu befassen.
Ursprünglich als Jagdhund gezüchtet, zu Hause im schottischen Hochland, wurde der Cairn für die Arbeit im Bau eingesetzt, um Kleinraubzeug (Marder, Wiesel, Ratten) in Steinhaufen und Geröll zu töten (er ist ein exzessiver Mäuselöcherbuddler). Daher auch sein Name: Cairn = gälisch „Steinhaufen“ und sein Gewicht entspricht 14 englischen Pfund = 1 Stone (Stein). Sogar seine Farben sollen daran erinnern: grau, von hell- bis tief dunkelgrau, sandfarben, creme, weizen, aber auch rot – in allen Variationen gestromt – nur schwarz und weiß sind nicht erlaubt.
Dafür gibt’s diese Farben in der Verwandtschaft: Schottischer Terrier (Scotch – Whisky), Skyeterrier (anfangs hießen die Cairn sogar „kurzhaarige Skyeterrier“) und sein engster Verwandter ist der Westhighland-White-Terrier. Er soll entstanden sein, weil der Jäger und Cairnzüchter Colonel Edward Malcolm (1837-1930) bei der Jagd irrtümlich seinen besten Cairn für einen Fuchs hielt und erschoss. Er behielt daraufhin aus allen Cairn-Würfen nur noch die weißen Welpen, um ausschließlich mit diesen weiter zu züchten. So werden die Cairns dann auch bisweilen als „farbige Westies“ beschrieben, um ihr Äußeres schnell beschreiben zu können.
Zurück zu unserem Kobold. Ein Hund, der im Bau arbeitet, muss vor allen Dingen selbständig, intelligent und einfallsreich sein, um die Beute zu packen und selbst nicht in Gefahr zu kommen. Er kann sich nicht rückversichern und muss auch nicht auf Kommandos seines Hundeführers achten, da dieser ja gar nicht weiß, was sein Vierbeiner gerade unter der Erde macht. Ja, und dieses Erbe ist offensichtlich genetisch fixiert und so ist er auch im täglichen Leben oftmals sehr selbständig und zeigt dabei viel „Persönlichkeit“ … und … er jagt auch (in Wald und Feld ist die Schleppleine im Regelfall Pflicht!). Aber irgendwie hat man nie wirklich Sorge, dass dem kleinen Kerl etwas passiert, weil er pfiffig genug ist, um sich überall durchzumanövrieren. Es schildern mir bereits Welpenkäufer, dass die Welpenschule oftmals frustrierend war (ich selbst habe sie gleich gar nicht besucht), wenn alle anderen Welpen jubelnd ihren Herrchen und Frauchen hinterhersausen, während ihr kleiner Freund manchmal bereits macht, was er will: kommt bis auf 2 Meter her und gibt deutlich zu verstehen, ‚mir geht’s gut und ich kann auch ohne Dich eine Menge Spaß haben und an die Leine mag ich sicher nicht‘.
Doch nicht alle müssen so sein … ich habe eine kleine Zaubermaus, „Schäferhündin im Miniformat“, genauso anschmiegsam, auf mich fixiert und absolut unkompliziert, wir haben wunderbare Ergebnisse im Obedience erzielt und sie begeistert Richter und Zuschauer mit ihrer Leichtigkeit, Korrektheit, hohen Konzentration und Arbeitsfreude.
Outfit
Sein wuscheliges Aussehen ist auffallend niedlich. Oftmals wird er als Schnauzermischling o.ä. „identifiziert“, selten findet man Kenner der Rasse. Im Alltag sehen auch Ausstellungshunde absolut natürlich aus und das ist auch der Sinn: die Rasse soll für Ausstellungen zwar zurechtgemacht werden, aber das soll man nicht sehen … das ist die wahre Kunst des Trimmens eines Cairns. Damit man die Rasse wirklich als solche erkennt (auch den Hund in Privathand), ist regelmäßiges Handtrimming unerlässlich. Der Hund sieht ungekünstelt aus und das nach ca. 3 Stunden Haarpflege. „Verboten“ sind schneiden und scheren, auch mit dem Trimmmesser, weil absolut schädlich für das Haar. Wir erhalten altes, weiches, graues Haar, das glanzlos wird und nicht mehr als „robust“ und wasserabweisend anzusehen ist. Das typische Erscheinungsbild der Rasse geht vollständig verloren. (Gott sei Dank kann ich hierfür kein Beispielfoto zeigen, da alle Cairns in meinem Umfeld getrimmt werden …) Für alle Zartbesaiteten: Trimmen, fachgerecht ausgeführt (es wird altes Haar entfernt, damit sich eine neue Schicht jungen Haares bilden kann), ist keine Tortur für den Hund, eher für die Finger desjenigen, der den Hund trimmt ;-).
So niedlich er auch aussieht, die Erziehung der Rasse ist ein Thema. Gerne geht so ein kleiner Hund an die Grenzen … an die Grenzen seines Halters und testet aus, wann und wie man diese wohl am besten überschreiten kann. Hier ist absolute Konsequenz (nicht Härte oder Strafe oder dgl.) angesagt und man tut gut daran, feste Prinzipien zu haben und diese auch zu vertreten (klingt leicht, ist es naturgemäß aber nicht). Ausbildung im Sinne der Hundevereine ist möglich, nach meiner Erfahrung mit manchen Tieren eher schwierig, wobei meine Hündinnen eher bereit sein, für entsprechende Belohnung (je verfressener, je besser) mitzuarbeiten (das selbständige Arbeiten als Bauhund macht sich auch hier bemerkbar).
Erfreulicherweise ist die Rasse noch niemals zum Modehund geworden und so haben wir das große Glück, dass Gesundheit kein Thema ist. Natürlich wird nicht jeder Hund 14 Jahre oder älter, aber im Durchschnitt benötigt man den Tierarzt zum Impfen alle 3 Jahre und vielleicht mal für einen verdorbenen Magen (das aber auch sehr selten, Cairns sind wahre Allesfresser) oder einen Schnitt in die Pfote. Die Rasse muss vor dem Zuchteinsatz zwingend auf Patella-Luxation untersucht werden: falls die Bänder, die die Kniescheibe stabil halten, nicht straff genug sind, würde die Kniescheibe beim Laufen immer mal wieder herausspringen, was sich durch kleine Zwischenhüpfer und Hinken bemerkbar macht. Evtl. erkrankte Tiere gelangen somit nicht in die Zucht. „Lebershunt“ kann zwischenzeitlich durch Bluttest nachgewiesen werden und ist auch offensichtlich, da der Welpe bereits als krank wahrgenommen wird und in der Regel nicht sehr alt wird.
Apropos „Natur und robust“: Wanderungen in den Bergen, an der See … einfach überall und zu jeder Jahreszeit … es ist eine Freude mit diesem kleinen Kerlchen unterwegs zu sein. Seine Energie scheint keine Grenzen zu kennen und so ist er – trotz seiner kurzen Beine – ein wunderbarer Wegbegleiter, angenehm beim Einkehren im Gasthaus (sofern er das gelernt hat) und ausdauernd beim Laufen und Schwimmen, sofern er das Element Wasser mag. Diese Eigenschaft ist sehr unterschiedlich verteilt: in meinem Haushalt leben begeisterte Schwimmer aber auch absolut wasserscheue Exemplare.
Für wen ist diese Rasse geeignet oder für wen eher nicht?
Cairnleute sollten Zeit, Geduld und ein großes Maß an Souveränität mitbringen. Er ist kein Anfängerhund. Perfektionisten, aber auch inkonsequente Menschen werden vermutlich nicht glücklich (was Gehorsam und Fellpflege angeht), Menschen, die nicht viel Zeit haben (er läuft zwar unkompliziert mit, mag aber beschäftigt werden, sonst wird er zur kläffenden Nervensäge). Ideal sind aktive Menschen jeden Alters, Kinder mit entsprechender Reife … und am glücklichsten ist ein Cairn, wenn er einen zweiten Hund als Begleiter hat. Auch dies scheinbar ein Erbe der ursprünglich jagdlichen Verwendung.
Warum liebe ich diese Rasse?
Absichtlich habe ich kein rosafarbenes Bild der Rasse gezeichnet und trotzdem sind alle Cairnbesitzer, die ich kenne, glücklich mit ihren Hunden und oftmals gesellt sich noch ein Zweiter dazu. Viele früheren Westiebesitzer schwenken auf den Cairn. Mir gefällt ihr unkompliziertes Sozialverhalten, freundlich zu jedermann und jederhund, auch meine Rüden sind immer verträglich mit anderen Rüden und niemals auf Raufen aus. Ich habe mich an diese Eigenständigkeit und Unabhängigkeit des Hundes gewöhnt (er geht ja trotz aller Selbstständigkeit immer wieder mit und liebt mich heiß und innig) und ich genieße es umso mehr, wenn dieser kleine Hund (einer oder mehrere) mit seinen dunklen Augen blitzt, mich anstrahlt und eng an meine Füße kuschelt oder voll Vertrauen auf meinem Schoß zusammenrollt, um einen entspannten Abend auf der Couch mit mir zu verbringen.
Ein Gastbeitrag von Ruth Sanner, Cairnterrier „vom Feldhof“ (www.vom-feldhof.de)
Beitragsbild & Quelle: Ruth Sanner