Da gehen die Meinungen auseinander. Die einen behaupten, dass Hunde vom Wolf abstammen und somit keinen geregelten Tagesablauf benötigen. Der Wolf bekommt schließlich sein Futter auch nicht zu einer bestimmten Tageszeit vor die Nase gesetzt. Nein, unter Wölfen wird mitunter tagelang gefastet. Zwangsweise natürlich. Muss deswegen mein Hund auf die regelmäßige Fütterung verzichten? Oder auf die regelmäßigen Spaziergänge?
Charlys Tagesablauf in groben Zügen aufgelistet
Morgens um 7 Uhr
Meine Fellnase schläft bei uns im Schlafzimmer in seinem Körbchen und beobachtet jeden Morgen genau, ob sich im Bett etwas regt.
Beim leisesten Rascheln der Bettdecke rattert sein Schwanz begeistert hin und her.
Er bleibt aber so lange auf seinem Platz liegen, bis Herrchen oder Frauchen das „Ok“ fürs Aufstehen geben. Dann gibt es aber keine Halten mehr für ihn. Er begrüßt uns mit solch einer Hingabe, als hätte er uns Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Herzerfrischend zu beobachten, mit welcher Hingabe er Herrchen jeden Morgen aus dem Bett scheucht.
Kaum öffne ich die Schlafzimmertür flitzt er nach nebenan ins Zimmer von der Kleinen. Mit Karacho springt er auf ihr Bett und dann wird geschleckt, geküsst und an den Haaren gezogen.
Dieselbe Prozedur wiederholt sich bei der Großen. Und wenn sie dann mit blitzblank geputzten Gesichtern am Küchentisch sitzen, blickt mich Charly mit stolz geschwellter Brust an und sein Blick soll wohl ungefähr heißen: „Na Frauchen, habe ich es nicht gut gemacht. Die Mädels haben für den restlichen Tag den ultimativen Durchblick.“
Leider ist die Enttäuschung am Wochenende groß, wenn meine kleine Fellkugel vor der verschlossenen Kinderzimmertür sitzt und er auf später vertröstet wird. Da muss ich schwer an mir halten, dass ich nicht klammheimlich die Tür öffne und Charly seines Amtes walten lasse. Nur das ohrenbetäubende Gekreische, das augenblicklich eintreten würde, hält mich bis heute davon ab.
Morgenspaziergang
Kaum sind meine Töchter aus dem Haus, macht sich Charly bereit für die morgendliche Gassirunde. Noch schnell den Futternapf von den letzten Resten befreien und die Pfoten sauber schlecken, schon sitzt der kleine Racker mit großen Kulleraugen auffordernd vor mir.
Och nee Charly, … ich habe jetzt noch keine Lust zum Spazierengehen. Lass mich doch erst einmal meine Tasse Kaffee in Ruhe austrinken. Nö.
Da hilf kein jammern und betteln. Vor Charlys Einzug wusste ich nicht, dass einen Kulleraugen anbrüllen können, ohne dass eine einzige Silbe über die Lippen kommt. Echt überwältigend!
Spielrunde
Meine kleine Fellnase weiß genau, wenn Frauchen zu Mittag gegessen hat, wird danach eine Runde gespielt. Egal, ob meine Freundin oder die Familie mit am Tisch sitzt und ich mich gerade angeregt mit ihnen unterhalte, jetzt wird gespielt. Ausreden meinerseits werden nicht Akzeptiert. Auffordernd setzt sich Charly vor den Schrank, worin ich sein Spielzeug verbannt habe und wartet auf meinen Einsatz. Und ich habe gelernt, dass es schneller und viel ruhiger über die Bühne geht, ihm ein paar mal die Plastikente durchs Wohnzimmer zu pfeffern, als stundenlang sein durchdringendes Heulkonzert zu ertragen. Eins zu Null für ihn.
Abendessen
Kaum zu glauben, aber meine Fellkugel spürt genau, wann Herrchen von der Arbeit nach Hause kommt.
Minuten vorher begibt er sich auf die Treppe und wartet geduldig auf sein Läuten. Stürmisch wird Herrchen an der Haustür begrüßt und noch in der Diele eine Runde mit dem Ball gespielt. Danach ist Essenszeit. Auch für Charly.
Einmal habe ich mich von unserer Routine abbringen und mich überreden lassen, dass es für den Hund doch viel besser ist, wenn er keine geregelten Mahlzeiten bekommt. Dazu muss man wissen, dass meine Fellnase kein besonders anhänglicher Hund ist. Er genießt es zwar sehr, immer wieder einmal im Mittelpunkt zu stehen, kann aber durchaus eine gewisse Zeit alleine verbringen. Ich lasse ihm da freie Wahl. Nur an diesem Tag verfolgte er mich auf Schritt und Tritt. Keine Minute ließ er mich aus den Augen. Was hat er nur? Ist der aber heute niedlich.
Bis mir siedend heiß einfiel, dass ich am Morgen vergessen hatte ihn zu füttern. Zack, ab in die Küche und den Napf Randvoll mit leckerem Hundefutter gefüllt. Bis zum heutigen Tage habe ich an unserem Tagesablauf nichts mehr verändert, außer ein paar geringfügigen Abweichungen.
Denn ich bin der Meinung Hunde brauchen, wie Menschen übrigens auch, einen geregelten Tagesablauf.
Ein Gastbeitrag von Sonja Rachbauer