Ich bin Jägerin, Hundehalterin und mittlerweile sehr fanatisch, was Jagdhunde anbelangt. Meine grosse Passion und gleichzeitig mein schlimmster Albtraum ist meine Deutsch-Drahthaar Hündin. Übernommen als „Rohdiamant“ erwies sie sich als verschliffen, fast schon zerbrochen. Eigentlich unmotivierbar für alles, was nicht lebte und von ihr gefangen werden konnte.

Ein Albtraumhund, meine grösste Herausforderung und meine liebste Hündin. Wir arbeiten jeden Tag miteinander, sei es jagdlich oder auch einfach etwas unjagdliches, sie liebt Agility. Die aufgeregten Border Collies hätte sie am Anfang am liebsten zerfleischt, aber wir konnten uns auf Waffenruhe einigen. Meine beiden Hunde sind meine 24 Stunden Begleitung, sie leben natürlich nicht in einem Zwinger, sondern im Haus, auf dem Bett und auf dem Sofa. Wir hätten aber auch Hundekörbchen. Also meinen Hunden geht es tatsächlich nicht so schlecht. Sie leben wie jeder normale Hund auch, aber sie haben einen Job. Einen Auftrag.

Wie bereits oben angedeutet ist meine Hündin extrem motiviert, wenn es um Jagd und Wild geht. Sie liebt es, wenn sie suchen darf, nachdem wir den Apport mühsam in Kleinstschrittchen wieder aufgebaut hatten, bringt sie mir heute fast alles vor die Füsse. Gewalt, Angst und Schrecken gehören nicht zu meinem Ausbildungsrepertoire, ein strenges „Nein“ jedoch schon. Immerhin reden wir hier von einem Drahthaar. Sie entscheidet noch (zu) viele Dinge selbst, wenn ich sie vor die Wahl stelle: Zu mir kommen oder Rehe jagen. Sie jagt die Rehe. Ohne Frage. Ein scharfes „Nein“ lässt sie nochmal nachdenken.

Mein Alltag besteht vorwiegend aus Beruf, Hundeausbildung und Jagd. Es gibt immer irgendwas zu tun, Felder vor Sauenschäden schützen, letzthin habe ich einen Rehbock an einer vielbefahrenen Strasse geschossen. Ich versuche möglichst die Hege mit dem Abschuss zu verbinden, am liebsten sitze ich an Schadflächen oder Strassen. Meine beiden Hündinnen sind unverzichtbare Hilfen, mittlerweile besonders die Grosse. Ein Deutsch-Drahthaar kann ein Schweizer Taschenmesser in Hundeformat sein, natürlich gibt es für jedes Fach, das wir gemeinsam beackern immer noch die Spezialisten, aber ich kann mir nunmal nicht 12 Hunde halten. Meine zwei müssen reichen. Mein Beagle ist Stöberspezialistin und liebt Nasenarbeit, den ganzen Rest, Wasserarbeit, Apport, Vorstehen und was es sonst noch gibt, übernimmt mein Drahteseli.

Der Titel hiess aber: „Eine Lanze brechen“, wofür in Dreiteufelsnamen? Für junge Jäger mit ihren Hunden. Explizit junge Jäger, wobei auch die alten Herren in Loden mittlerweile anfangen umzudenken. Hundeausbildung war früher sicherlich keine schöne Sache, ich habe die Horrorstories von meinem Papa gehört, der konsterniert mit unserer Labbihündin aus der Jagdhundschule kam. Heute ist das anders. Wir arbeiten mit positiver Bestärkung, Leckerlie und so weiter. Meine Hunde sind voll krankenversichert, gehen regelmässig zum Osteopathen und sind feste Familienmitglieder. Kanonenfutter, wie uns gern angekreidet wird, sind sie auch nicht. Ich prüfe vor jeder Jagd, auf der ich meine Hunde einsetzen würde, das Terrain. Strassen zu nah? Dann laufen meine Hunde nicht mit. Meist kenne ich ja die Gegebenheiten, die Schützen und die Revierpächter, ich weiss, was mich erwartet. Wenn ich unsicher bin, dann bleiben die Mädels im Auto. Freya, Lotte und ich haben einen Pakt, beide müssen mindestens 12 werden.

Hundeportrait

Bild & Quelle: Alica Junker

Natürlich ist Jagd und jagen gefährlich, man hört jedes Jahr von Unfällen, meist sind diese sehr viel präsenter als die vielen Jagden an denen nichts passiert. Es gibt in Deutschland 300`000 aktive Jäger, viele davon sind bevierpfötelt. Jagd ohne Hund ist Schund. Immer noch. Selbst die modernste Technik ersetzt keine Hundenase. Ohne unsere Nachsuchenhunde würden viele Unfallopfer nie gefunden werden.

Mir ist in mittlerweile fast 25 Jahren Jagd noch nie irgendetwas passiert, der schlimmste Unfall war ein abgerissenes Band mit Knochenbruch, weil der Treiber unzureichendes Schuhwerk für den dunklen Schwarzwald trug. Manchmal musste ich ein paar Stunden auf mein Beaglechen warten, weil sie gerade wieder nicht genug bekommen konnte. Ein Hund wurde in der ganzen Zeit von einer Sau geschlagen. Lasse ich einmal alle Gefühle, die ich sonst noch für meine Hunde habe, bei Seite, dann stellt sich das ganze heute so dar: Auch Jäger sind nur Menschen mit einem Beruf und begrenzter freien Zeit. Diese nutzen sie für Revier und Hund. Hundeausbildung braucht viel Zeit, in dieser Zeit leidet das Revier und die Jagd wohl darunter.

Sprich: ein ausgebildeter Jagdgenosse ist mit Geld kaum aufzuwiegen, ihn möglichst lang gesund und munter zu halten, ist also ein nachvollziehbares Ziel. Auch die Zwingerhaltung gibt es nur noch sehr selten und ist in der Jägerschaft scharf umstritten.

Unser Ausbilder war da sehr pragmatisch, je näher der Hund an der Familie ist, umso besser die Bindung. Stimmt. Sage ich. Sagen viele. auch hier kenne ich nur einen Hund, der partiell im Zwinger lebt, abends aber zu seiner Familie ins Haus kommt.

Eines unterscheidet aber die Jagdhunde von allen anderen: Sie möchten ihren Auftrag wahrnehmen. Sie möchten jagen dürfen. Halte ich die beiden gelben Westen in der Hand und lege meine Jagdsachen bereit, dann stehen meine beiden sonst so gern lang schlafenden Mädels um 4 Uhr morgens bereit. Abenteuer erleben. Jagen gehen. Auch die beiden verlassen sich darauf, dass Frauchen schon weiss, was sie tut. Wir sind ein Team, die beiden erweitern meine Nase, meine Arme, manchmal auch meine Beine. Nichts lässt mein Herz höher schlagen, als mein spurlauter Beagle oder meine Drahthaarhündin, die gerade Enten aufstöbert oder Kaninchen vorsteht. Sie tun es beide nicht, weil sie müssen, sondern weil sie wollen.

Ein Gastbeitrag von Alica Junker

Alle Bilder & Quellen: Alica Junker