Kommt Frauchen ganz aufgeregt zu mir und sacht: „Wir sind eingeladen, Gastautor bei „Issn` Rüde“ zu sein!

WIR?? Also sie ist mein Frauchen und nebenbei meine Sekretärin, na gut, sagen wir so`ne Art Ghostwriter. Also zusammengefasst, sie darf meine klugen Gedanken in Worte fassen. Nicht mehr und nicht weniger.

Kurz bin ich versucht, ihr die schonungslose Wahrheit um die Ohren zu hauen. Doch dann besinne ich mich eines Besseren. Schließlich bin ich Dino der Weise. Und handele niemals unüberlegt. Ihr Verhalten ist in etwa so, als hätte damals die Sekretärin von Helmut Schmidt jubiliert: WIR sind Bundeskanzler! Na ja, vielleicht hat se ja. Und vermutlich hätte Helmut dann nur milde gelächelt und für sich entschieden, dass Personal, welches sich ganz und gar mit der Chefetage identifiziert, durchaus seine Vorteile hat.

Ich entschließe mich also, es ähnlich zu halten. Wenn es sie glücklich macht…

Doch nun zu mir

Muss mich ja erstmal vernünftig vorstellen. Ich bin Dino, ein 11-jähriger Boxermann mit astreinem Stammbaum. Seitdem ich allerdings haarscharf am Gnadenhof vorbei geschrammt bin und somit beinahe ein Tierschutzfall geworden wäre, bilde ich mir nichts mehr auf meine Vita ein und habe ich mich praktisch zum Tierschützer weiter entwickelt. Ist noch gar nicht lange her, dass ich hier bei meinen neuen Leuten gelandet bin. Dass das so passiert ist, war eine glückliche Fügung. Den Weg habe ich -wenn auch damals unbewusst- schon Jahre vorher geebnet.

Mehrere Dinge hätten meinen Einzug vereiteln können:

Zunächst einmal bin ich taub

Eine Tatsache, die ich selber schon lange als reinen Vorteil sehe. Unnützes Geschwätz dringt erst gar nicht zu mir durch. Wichtiges hingegen bekomme ich IMMER mit.

Ich kann perfekt von den Lippen lesen (wenn ich will), ich beherrsche die Zeichensprache wie kein Zweiter und zur Sicherheit habe ich auch noch einen Taubenhund.

Noch nie gehört, hm? Ist das Gleiche wie der Blindenhund für den Blinden! Diese Aufgabe übernimmt bei mir Brady, mein griechischer Bruder. Er ist ein frecher Rotzlöffel, ziemlich lustig und inzwischen so was wie mein persönlicher Assistent. Nicht nur beim Hören, sondern auch bei der Arbeit für meine Kolumne. Und er hätte ebenfalls der Grund sein können, dass ich hier nicht aufgenommen werde. Aber zurück zu meinen tauben Ohren, die mich nicht stören. Mein Frauchen aber hatte früher die engstirnige Ansicht, dass sie niemals einen tauben Hund zu sich nehmen würde. Schlicht, weil sie Angst hatte, damit nicht klar zu kommen. Also jeder andere taube Tropf hätte Pech gehabt. Nicht so ich, denn mich kannte sie bereits jahrelang als Nachbar.

Tja, und mit meinem unverwechselbaren Charme und dem perfekten Gentlemenverhalten hatte ich den Sieg trotz fehlendem Hörvermögens praktisch schon in der Tasche. Früher lebte ich mit Spike zusammen, meinem ersten Bruder, seines Zeichens amerikanische Bulldogge. Spike hatte auch Charme, allerdings reinen Bulldozer-Charme. Der hat jeden erstmal niedergewalzt und dem am Boden Liegenden dann ins Ohr gehaucht, wie sehr er ihn liebe…es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten, wie die Menschen auf ihn reagiert haben: Liebe oder komplette Abneigung. Wenn Spike dann fertig war, kam ich mit meiner sanften Art um die Ecke und musste manches wieder gerade rücken. Frauchen mochte uns beide.

Ein weiterer Faktor war allerdings noch mein hohes Alter

Auch hier wieder: Angst! Angst, dass mein Verfallsdatum womöglich nicht in tröstlich weit entfernter Zukunft liegen könnte. Ihr Glück, dass sie auch diese Schwäche überwunden haben, sonst wären sie nicht in den Genuss gekommen, mich als Familienmitglied um sich haben zu dürfen. Sehr schnell haben sie begriffen, dass ich nicht nur ungewöhnlich attraktiv sondern zudem überdurchschnittlich intelligent bin. Der Helmut Schmidt unter den Hunden. Eine perfekte Ergänzung zum hiesigen griechischen Lümmel, der tatsächlich auch sein Veto hätte einlegen können. Hat er aber nicht, weil ich ihm – klug, wie ich bin- die Leviten erst nach meinem Einzug gelesen habe. Tja, jedenfalls habe ich allen sehr schnell beigebracht, dass man nur mit dem Herzen gut hören kann und nicht mit den Ohren. So klappen unser aller Gespräche sowieso viel besser. Wie viele Gespräche gehen bei euch Menschen schief, weil ihr ständig aneinander vorbei redet oder etwas anders auffasst als es gemeint ist? Genau, und das passiert nämlich nicht, wenn man mit dem Herzen spricht und zuhört. Sollten alle machen, dann gäb`s weniger Probleme.

Hat nicht lange gedauert, bis meinen Leuten bewusst wurde, dass sie mich lieben. Na klar, ich sie auch. Liebe ist alles.

Ob man will oder nicht. Und der Abschied, der eines Tages kommt, wird so oder so schwer, ob nun nach einem Jahr oder nach zehn. Was zählt, ist das Hier und Heute. Leben ist jetzt! Das weiß jeder Hund. Und wenn ihr Angst habt: macht es trotzdem! Lasst Liebe euer Leben bestimmen, nicht Angst!
„Was machste da?“ plärrt es in meine Gedanken. Brady ist nach Hause gekommen.
„Arbeiten!“ , antworte ich kurz angebunden. „Gastartikel für „Issn` Rüde“.
„Wir sind Gastautor?“ schreit er begeistert. Noch einer…, denke ich und stöhne leise. Soll ich die harte Wahrheit kundtun? DU bist lediglich der BRUDER vom Autor!!

Ich sehe in seine leuchtenden Augen und entscheide mich – wieder einmal- für die weisere Vorgehensweise und nicke. Auch wenn es mir schwer fällt. Aber irgendwie freue ich mich, dass er sich so freut. Hat wohl was mit Bruderliebe zu tun. Liebe ist alles…

So, bevor Brady sich noch weiter einmischen kann, mach ich für heute Schluss. Hat mich sehr gefreut, hier schreiben zu dürfen!

Tschüß, euer Dino

Ein Gastbeitrag von Katrin Thiele
Bild & Quelle: Katrin Thiele