Das wird sicher nicht einfach. Da war ich mir schon Mal sicher. Drei Hunde zu Hause. Was hab ich mir dabei nur gedacht? Wahrscheinlich so etwas wie: „ Der Kleine verdient ein schönes zu Hause. Ich hab ja Zeit. Nummer drei macht sicher nicht so viel mehr Arbeit.“ Ach und natürlich: „Er ist so süß und einen Welpen wollte ich schon immer mal haben.“ Also kam er, mit seiner Flugpatin von Kreta nach Düsseldorf. Anton.

Der kleine braune Wuschel wurde in der Nähe von Kalamaki auf der Straße gefunden. Nach einer langen und abwechslungsreichen Reise hat er sein Ziel erreicht und ich habe dabei eine entscheidende Rolle gespielt. Diese Rolle im Leben eines Hundes zu spielen, kann ich nur jedem Hundefreund empfehlen.

Es ist nicht ganz einfach, das will ich nicht bestreiten, aber es lohnt sich jede Sekunde. Man muss sich zu erst ein Mal einige Fragen stellen, und bei der Beantwortung sollte man ganz ehrlich sein.

„Habe ich die Zeit und die Geduld, mich um einen kleinen, vielleicht noch nicht ganz stubenreinen Welpen zu kümmern? Passt ein älterer Hund vielleicht besser in die Familie? Versteht mein Hund sich mit einem Pflegehund? Kann ich damit umgehen, wenn der Hund länger braucht um sich einzuleben?“

Und nicht zu vergessen: „Schaffe ich es, einen Hund in mein Herz zu schließen und ihn dann ziehen zu lassen?“

Ich war mir nicht sicher, wie es für mich wird, einen Hund aufzunehmen, von dem ich wusste, er würde bald wieder gehen. Wie sich herausstellte, würde Anton gar nicht so schnell weiter ziehen. Es dauerte, länger als ich erwartet hatte. Am Anfang gab es nicht eine einzige Anfrage. Niemand wollte ihn. Ich hatte keine Ahnung warum. Ein kleinbleibender Welpe mit einem unschlagbaren Fotogesicht. Anzeigen auf allen möglichen Plattformen. Flyer an Hundeausläufen und in Geschäften.

Pflegehund Anton

Das ist Anton.
Bild & Quelle: Nadine Brandt

Nichts, keiner interessierte sich für ihn. Und mich trieb er in den Wahnsinn. Ich bin zwei neugierige, teilweise zerstörungswütige Monster gewöhnt, aber Anton, er übertraf wirklich alles. Nichts war vor ihm sicher. Dazu kam noch sein undurchschaubarer Rhythmus, in dem er seine Blase entleerte.

Alledem setze sich sein bereits erwähntes, super niedliches Gesicht und eine unglaubliche Ausdauer beim Kuscheln entgegen. Er hatte es in mein Herz geschafft, ganz egal wie viele Zettel, Socken und Mülltüten ihm zum Opfer fielen.

Pflegehund Anton schläft

Bild & Quelle: Nadine Brandt

Die ersten Anfragen

Irgendwann kamen sie doch, die ersten E-Mails, in denen wildfremde Menschen mir erzählten, sie hätten ihr Herz an Anton verloren. Meine Freude darüber sollte allerdings nicht von langer Dauer sein.

Fragen wie: „Kann ich den Preis auch in Raten bezahlen? Ich dachte da so an 20 -50 Euro im Monat, “ ließen mich daran zweifeln, ob es überhaupt noch einen Menschen auf der Welt geben sollte, bei dem ich bereit bin, meinen Schützling aus den Händen zu geben.

Viele der Anfragen führten erst gar nicht zu einem Treffen:

  • Eine Frau tauchte am vereinbarten Treffpunkt nicht auf. Zwei Wochen später fiel ihr dann ein, sie habe doch ganz großes Interesse an ihm, irgendwie passt alles nur gerade nicht so gut.
  • Eine Interessentin wollte lediglich das Endgewicht von klein Anton wissen, weil man so einen Hund ja auch oft tragen muss.
  • Ich war am verzweifeln. Dann kam das erste Treffen und es wurde nicht besser.

  • Zucker-Getreide-Leckerlis flogen meinen Hunden zu. So viele, dass Emily sich eine Stunde später ohne Ende übergeben musste. Die Hündin des interessierten Paares war locker 5-8 Kg zu schwer. Da kommt Anton ganz sicher nicht hin.
  • Bei mir machten sich Gefühle breit, die ich so noch nicht für ihn kannte. Andauernd wollten sie ihn hochheben.

    In mir rebellierte alles, so wie Antons kurze Beinchen, die immer wieder den Boden unter den Füßen verloren. Wir verabschiedeten uns, endgültig. Ein späteres Telefonat war nicht notwendig.

    Der Winzling mag ja anstrengend sein, und ich muss sagen, ich bin auch nie wirklich der Überlegung verfallen ihn einfach zu behalten, aber wenn er sein Pflegenest verlässt, dann nur in wirklich gute Hände.

    Pflegehunde toben auf dem Feld

    Bild & Quelle: Nadine Brandt

    Endlich angekommen

    Plötzlich geht alles ganz schnell. Eine nette E-Mail, gefolgt von einem hervorragenden Treffen. Es scheint alles zu passen. Eine Frau, die Anton vollkommen verfallen ist und eine Hündin, die den Kleinen gleich mit auf ihre Decke einlädt.

    Und jetzt?

    Jetzt zieht der nervige Welpe aus, ganz plötzlich.
    Es ist ein merkwürdiges Gefühl, das sich jetzt in einem breitmacht. Genauso war es schließlich immer gedacht, so sollte es sein. An manchen Tagen konnte ich es gar nicht erwarten, mir endlich keine Gedanken mehr machen zu müssen, was Anton nun wieder kaputtmacht. Und nun ist er weg.

    Er liegt beim Schreiben nicht mehr auf meinem Schoß, schlabbert mir morgens nicht mehr das Gesicht ab und hüpft nicht mehr mit Emily und Sparta über die Wiese.

    Ich bin froh, dass er ein schönes zu Hause gefunden hat, oder besser gesagt, wir das richtige zu Hause für ihn gesucht haben.

    Jeder kann Hunden helfen

    Am Anfang machte ich mir unzählige Gedanken, was alles schiefgehen könnte und wie es wohl ist, einen Welpen wieder abzugeben. Jetzt kann ich sagen, es ist super. Super zu wissen, dass man geholfen hat, es ihm jetzt gut geht, und dass man ihn besuchen kann, um sich aufs Neue davon zu überzeugen, wie gut er es getroffen hat.
    Immer wieder höre ich von Menschen, wie schade sie es finden, nicht jedem Hund helfen zu können, der ein trauriges Dasein auf der Straße fristet.

    Wenn ihr helfen wollt, dann helft einem Hund!

    Niemand kann allen helfen. Doch wenn ihr etwas Zeit, Mitgefühl und Tierliebe übrig habt, dann schenkt sie einem Hund, anstatt euch zu ärgern nicht genug für alle zu haben.

    Anton hat es weit gebracht mit seinen kurzen Beinchen. Jeder Helfer auf seiner Reise war wichtig.
    Von dem Menschen, der ihn auf der Straße nicht sich selbst überlassen hat, über die Tierschützer, die ihn auf Kreta versorgt haben, die Flugpatin, die seinen Weg nur wenige Stunden begleitet hat, bis hin zu der Familie, bei der er sein ganzes Leben verbringen wird.

    Du musst einen Hund nicht adoptieren, um ihm zu helfen. Werde ein Teil der Kette, die jedes Jahr hunderte Hunde von der Straße holt.

    Ein Gastbeitrag von Nadine Brandt

    Alle Bilder & Quellen: Nadine Brandt