Hundsgemein ist das neue Hundebuch von Nadine Brandt. Wir waren ganz angetan und freuen uns umso mehr, dass wir Euch eine Leseprobe vorab hier auf Issn‘ Rüde! präsentieren können.

Hippies und Schildkröten

Mein Name ist Sparta und ich bin ein Hund. Ich weiß, klingt erstmal komisch, aber urteilt nicht zu schnell, ich habe eine Menge zu erzählen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen würde ich sagen, ich bin nicht einer der Größten. Doch versteht mich nicht falsch, so ganz klein bin ich auch nicht. Mein Frauchen wird oft gefragt, was für eine Rasse ich bin. Sie sagt dann, ich sei ein Mischling und es wäre ihr vollkommen egal, was für Rassen in mir stecken. Ich denke mir dann immer, natürlich bin ich ein Mischling, ich habe schließlich zwei Eltern.
Irgendwo zwischen langem und kurzem Fell, Steh- und Hängeohren, Stupsnase und Wolfsgesicht bin ich, eine Mischung eben. Meiner Mutter habe ich es wohl zu verdanken, dass ich recht kurz geraten bin.

Von meinem Vater hat Mama nie viel erzählt, ich weiß nur von einer wilden Nacht am Strand, nach der er sich aus dem Staub gemacht haben soll. Ich glaube allerdings eher, Mama hatte wohl einige Nächte am Strand, und sie weiß nicht mit Sicherheit, wer mein Vater ist.

Manchmal streife ich durch die Gassen und schaue, wem ich ähnlich sehe. Doch hier in Matala sehen sich die meisten Hunde mehr oder weniger ähnlich.

Meine Kindheit

Das Licht der Welt erblickte ich in einer der alten Hippie-Höhlen am Strand.
Ich hätte es sicher schlechter treffen können. Hier im Dorf kümmern sich ein paar Menschen sehr viel um den Schutz von Schildkröten. Wer sich um Schildkröten kümmert, der hat auch nichts gegen Welpen.
Man kann die Menschen hier in zwei Kategorien einordnen:

  • Die einen haben immer bunte Kleidung an, sind lustig drauf, machen tolle Sachen aus Muscheln und Avocadokernen,
  • die ihnen die anderen dann wieder wegnehmen.

Diese anderen sind auch bunt angezogen, aber irgendwie anders. Sie haben meist rote Haut, tragen große Hüte und verschwinden nach ein paar Tagen wieder. Das Gute an ihnen ist, dass sie ab und etwas zu Essen fallen lassen. Also im Großen und Ganzen ist alles super hier. Naja, es ist manchmal schon anstrengend, zwischen Sonne und Schatten hin und her zu trotten, wenn mir zu warm oder zu kalt wird, aber es ist auszuhalten. Das fallengelassene Essen könnte sicher besser sein. Leute in Restaurants geben uns Hunden und auch den vielen Katzen lieber Brot, als etwas von ihrem Bifteki oder den Garnelen. Ich setze mich jeden Abend unter einen Tisch im Restaurant am Dorfplatz.

Andere schwören ja auf die Lokale am Strand, aber ich finde, da sind die Leute viel zu sehr mit dem Sonnenuntergang beschäftigt. Ich muss ewig mein leidendes Gesicht aufrechthalten, bis mal jemand was fallen lässt.

Wirklich schlimm diese Menschen, was haben die nur immer mit der Sonne? Die kommt doch jeden Tag wieder, weiß doch wirklich jeder Welpe.

Wie sich zeigen sollte, war meine Restaurantwahl perfekt. Ein Mädchen guckte eines Abends alle paar Minuten zu mir unter den Tisch. Sie gab mir was von ihrem Essen und ließ mich auch beim Nachtisch nicht aus den Augen. Das zeigte ja mal wieder, wie unwiderstehlich ich war. Auch wenn es hier mit Meer, Sonne und Hippies ganz nett war, wollte ich unbedingt wissen, was es in der Welt noch zu sehen gab. Andauernd hörte ich von den Hunden der rotgesichtigen Besucher, Geschichten über Dörfer, die ganz anders waren als meine Heimat.

Wie ich das Dorf verliess

Da meine Neugierde grenzenlos war, ließ ich alles zurück und folge dem Mädchen den ganzen Weg bis ins nächste Dorf. Ihre Mutter war erst nicht von mir begeistert, sie unterstellte mir, ich wolle nur was zu futtern und würde dann wieder gehen. Von wegen. So etwas lasse ich nicht auf mir sitzen. Die ganze Nacht wartete ich vor der Tür. Mir war schrecklich langweilig, ich überlegte bereits ob es ein Fehler war, fortgegangen zu sein. Mag schon sein, dass der Hunger mich überzeugte vor der Tür sitzen zu bleiben.

Zum Glück wurde meine Ausdauer am nächsten Morgen reich belohnt. Mit Brot, aber hey, besser als gar nichts.
Nach dem Essen ließ ich mich noch von allen ausgiebig durchkraulen. Dann sah mich auch die Mutter mit anderen Augen. Nichts ist überzeugender, als ein Welpe, der auf dem Rücken liegt und alle Viere von sich streckt, während sein vollgefressener Bauch gekrault wird. Ich entschied zu bleiben. Und meine Anwesenheit war nun wirklich etwas, worüber man sich freuen konnte

Hier gab es nichts mehr vom Tisch. Ich bekam eine eigene Schüssel, in der endlos frisches Wasser war. Gleich daneben gab es etwas, das ich noch nie gesehen hatte. Es war hart und schmeckte gar nicht nach Brot. Daran konnte man sich gewöhnen, das Zeug war wie für mich gemacht. So hatte ich mir das Leben in der neuen Welt vorgestellt, alles drehte sich um mich. Da ich gerade erst fünf Monate alt war, freute ich mich über jede Art der Beschäftigung.

Ich mochte diese Menschen, die sich um mich kümmerten und ich machte, was auch immer nötig war, damit ich bleiben durfte. Es war nicht schwer, herauszufinden, was sie besonders an mir mochten, manchmal, da setzte ich mich nur hin und sie quietschten vor Freude.

Und wenn Menschen quietschen, gibt es meist was zu essen.

Auf einmal fuhren diese Menschen weg

Eine Zeit lang war ich sicher, ich hätte mich gut angestellt, und ich würde nun hier leben. Doch dann packten sie mich ohne Vorwarnung ins Auto und fuhren mich weg. Sie sahen sehr traurig aus, ich denke nicht, dass sie mich freiwillig weggebracht haben. Ich war sicher, das Mädchen wollte mir meinen Wusch, mehr von der Welt zu sehen, erfüllen. Es war wirklich nett von ihnen, meine Bedürfnisse über ihre zu stellen. Es muss sehr schwer gewesen sein, mich gehen zu lassen, aber was soll ich sagen, ich bin nun mal zum Weltenbummler geboren.
Nach der Autofahrt fand ich mich auf einem Hof wieder. Hier waren überall Hunde. Ich hatte keine Ahnung wo ich war, sowas hatte ich noch nie gesehen. Manche Hunde waren hinter Gittern, aber es schien ihnen nicht schlecht zu gehen.
An diesem Tag begann ein völlig anderes Leben für mich.

Unter Hunden

In den letzten beiden Jahren habe ich viel über Hunde, aber noch sehr viel mehr über Menschen gelernt. Ich möchte euch gerne berichten, was ich bereits gesehen und erlebt habe.
Mir sind in diesen zwei Jahren viele glückliche und unglückliche Artgenossen begegnet und ich muss sagen, wie es den Hunden auch ging, ob gut oder schlecht, immer waren Menschen dafür verantwortlich.
Andere Hunde, die ihr Leben in einer deutschen Stadt oder einem kretischen Dorf verbringen, haben vielleicht sehr einseitige Erfahrungen mit den Menschen gemacht, doch ich kenne die unterschiedlichsten Geschichten.
Ich habe mit Rassehunden gespielt und mit Mischlingen gekuschelt, auf Wiesen und an Stränden getobt, habe Hunde voller Zecken und welche frisch aus dem Hundesalon gesehen, habe Dreck und teures Hundefutter gefressen.
Zu allem was ich sah, habe ich mir eine Meinung gemacht und finde es unfair, der Welt meine Gedanken vorzuenthalten.

Kalamaki

Hier auf dem Hof war ich plötzlich wieder nichts Besonderes mehr, sondern einer von vielen. Aber diesen vielen schien das gemeinsame Leben hier sehr zu gefallen. Es gab immer jemanden zum Spielen und Raufen. Hunde in allen Größen waren vertreten, keiner sah aus wie ich, alle waren anders.

Einige meiner neuen Bekannten waren krank oder wurden verletzt. Der kleine Weiße konnte einen richtig erschrecken mit seinem riesigen Überbiss. Ein paar andere machten mir mit ihren viel zu langen Krallen Angst. Manche sahen aus, als hätten sie nicht einmal Brot vom Tisch bekommen. Sie waren schrecklich dünn und lagen am liebsten nur rum. Ich sah auch weit und breit kein Restaurant. Hier wird dann wohl eine Futterquelle zu finden sein, wenn sie alle her kommen. Ich hoffe, die haben hier was von dem Zeug, das ich aus meiner Schüssel kenne. Ich machte mich auf die Suche, doch weit und breit war kein Essen zu sehen. Ein großer schwarzer Hund bemerkte meine Suche, er sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, kurz nach dem die Sonne aufgeht und kurz vor ihrem Untergang gibt es genug zu essen für alle. Gut, dass ich weiß, die Sonne kommt jeden Tag wieder. Mir genügte die Information fürs Erste, ich legte mich in die Sonne und beobachtete die anderen Hunde. So verbrachte ich die nächsten Tage. Ich beobachtete Hunde. Nicht immer aus der Sonne, da es schrecklich warm geworden war, aber auch aus dem Schatten lässt es sich gut beobachten.

Ich bemerkte, wie es vielen Hunden besser ging. Zecken wurden entfernt, Wunden blau angesprüht, bis sie verschwunden waren und es gab wirklich für alle genug zu essen. Auch von dem harten Zeug, das ich so mochte.

Ich sollte ein paar Wochen hier bleiben, bevor meine Reise mich weiter führte. Die Menschen hier waren nicht anders als die, die ich bereits kannte. Sie waren nett zu uns, gaben uns einen Platz zum Schlafen und nahmen immer neue Hunde auf, denen es nicht gut ging.

Ich fing an darüber nachzudenken, warum es so viele Hunde gab, die zu dünn, verletzt oder krank waren.

Lenny, ein kleiner schlappohriger, brauner Mischling erzählte mir, er sei bis vor kurzem sehr krank gewesen. Alle seine Geschwister waren an der Krankheit gestorben, nur er hatte überlebt. Er wusste nicht, was es war, nur dass er schreckliche Angst hatte. Vier ganze Wochen kämpften er und die Menschen um sein Überleben. Sie steckten Nadeln in seine Beine, jeden Tag wurde er gestochen. Dann drückten sie ihm Sachen in den Mund, die kein wirkliches Essen waren. Dazu kam noch ein ständiger Durchfall. Keiner der anderen Hunde durfte ihn besuchen. Er war unglaublich froh, als all das vorbei war und er endlich wieder toben konnte.

Ein paar Welpen erzählten mir, sie wurden ihrer Mutter weggenommen und in eine Tonne voller Müll geworfen.

Dort habe es furchtbar gestunken, eine große Kiste habe alle fünf fast zerquetscht.
Dann waren sie plötzlich hier, an mehr können sie sich nicht erinnern. Aber Welpen vergessen ja gerne mal die Hälfte. Ich konnte mir keinen Menschen vorstellen, der so etwas tat. Viele Menschen hatte ich nun schon kennengelernt und auch wenn sie einen manchmal nicht verstehen und nicht immer machen, was man will, meinen sie doch nie etwas böse. Je mehr ich mich umhörte, desto mehr Horrorgeschichten erzählten mir die anderen Hunde. Ausgesetzt, fast verhungert, verstümmelt und geschlagen, all sowas hatten die anderen Hunde erlebt. Vielleicht hatte ich in meinem Hippie-Dorf mehr Glück gehabt, als mir bis dahin bewusst war.

Glück war etwas, das uns alle hier verband, egal was die anderen durchlebt hatte, sie konnten froh sein nun hier zu sein, denn hier war es absolut klasse.

Wo sind die anderen Hunde hin?

Eines war allerdings merkwürdig. Von zeit zu Zeit verschwand der ein oder andere Hund. Auch sie wurden in Autos gesetzt und kamen nicht wieder. Durch Festos erfuhr ich, wo wir hier waren und wohin die verschwundenen Hunde gebracht wurden. Festos war und ist noch immer ein gutes Stück größer als ich. Wie sich herausstellen sollte, würde ich über meine fünf Kilo nicht mehr großartig hinaus wachsen.

Ich dachte mir, es könne nicht schaden, einen größeren Verbündeten zu haben und wir freundeten uns an. Festos war hier bereits vor einiger Zeit angekommen damals ging es ihm nicht sehr gut. Er brauchte eine Behandlung, die er hier nicht bekommen konnte. Er sollte nach Deutschland, um dort versorgt zu werden. Stephan, ein Mensch, der jedes Jahr zwischen hier und Deutschland hin und her reist, erklärte sich bereit, ihn mitzunehmen. Die Autofahrt erschien ihm endlos. Nach der tagelangen Reise war beiden klar, sie würden nie wieder getrennte Wege gehen. Festos kam zum Arzt – was auch immer ein Arzt ist – und blieb danach bei Stephan. Jedes Jahr im Sommer kommen sie wieder her und genießen die Sonne. Ich verstand nicht, warum man die Sonne nicht einfach in Deutschland genießt.
Nach dem Gespräch mit Festos wusste ich, die Hunde, die hier verschwinden, reisen nach Deutschland, um dort ein zu Hause zu bekommen. Sie leben dort mit einem oder mehreren Menschen zusammen, haben oft noch einen Artgenossen bei sich und ihr Leben besteht im Grunde nur aus schlafen, essen und spielen. Das klang für mich ziemlich verlockend und schon bald sollte ich am eigenen Leib erfahren, wie super es war.

Ins Paradies!

Ich begann, einen Plan zu schmieden wie ich möglichst schnell ins Paradies kommen konnte. Ich wusste ja nicht, welche Probleme meine Reisepläne mit sich bringen würden. Ich lernte eine Tierärztin kennen. Tierärzte sind alles andere als lustig. Sie stach mir zuerst eine gigantische Nadel in den Nacken, kleinere, aber trotzdem sehr fiese Nadeln folgten. Dann gab es noch diese Dinger von denen Lenny erzählt hatte, die kein richtiges Essen sind.

Überall hat sie an mir rumgedrückt und meinen Mund aufgerissen. Ich habe das Ganze natürlich super erwachsen über mich ergehen lassen.

Nochmal muss ich es auch nicht haben. Wenigstens war das Ganze nicht umsonst. Drei Tage später kamen sie, die Menschen, die noch nicht wussten, dass ich den Rest meines Lebens bei ihnen verbringen würde und wie glücklich sie sich schätzen konnten, mich kennen zu lernen.

Hoffnung für mich?

Zwei Wochen lang gab ich alles. Ich perfektionierte meinen „Guck-guck-doch-jetzt-wie-niedlich-ich bin“ Blick. Ich lief ihnen andauernd hinterher, auch wenn andere Sachen interessanter waren.

Ich konnte ohne die Beiden nicht leben, naja zumindest sollten sie glauben ich könnte es nicht.

Sobald sie den Hof verließen, fing ich schrecklich an zu weinen.
Ich war so damit beschäftigt, die Zwei nicht aus den Augen zu lassen, ich hatte kaum noch Zeit, mich mit anderen Hunden über ihre Erfahrungen auszutauschen.

Susie & Spike

Zwei Hunde sind mir allerdings besonders aufgefallen. Beide kamen eine Woche, bevor ich in mein neues zu Hause aufbrechen würde hier auf dem Hof an, und ich kann nicht sagen, wer von ihnen schlimmer ausgesehen hat. Die Menschen nannten den Rüden Spike und das Mädchen Susie. Sie konnten sich beide nicht erinnern, ob sie früher schon Namen hatten.

Susie war nicht viel größer als ich, sie wirkte allerdings dreimal breiter. Ihr Fell bildete eine Art Panzer. Die Menschen sagten, sie hätte mehr Ähnlichkeit mit einem alten Teppich als mit einem Hund. Ihre Beine waren voll verkrustetem Fell, jede Bewegung muss ihr wehgetan haben.
Spike sollte wohl sowas wie ein Boxermischling sein, ich wusste nicht, was das bedeutete, aber es wäre wohl nicht einfach, für ihn in Deutschland ein zu Hause zu finden. Man konnte seine Rippen zählen wenn man ihn nur ansah, er hatte Wunden am ganzen Körper und seine Ohren waren viel zu klein für seinen Kopf, er sah wirklich merkwürdig aus. Ich konnte nicht glauben, dass Menschen ihnen das angetan hatten. Susie war es sehr peinlich, wie sie aussah. Es dauerte eine Weile, bis sie mir erzählte, was ihr passiert war. Sie wurde an einer kurzen Kette gehalten, konnte ihren Platz nicht einmal verlassen, um ihr Geschäft zu erledigen. So kam es zu ihrem Panzer voller Dreck. Am Anfang hat sie noch versucht, jedes Mal bis ans Ende der Kette zu gehen, um Pipi zu machen, aber mit der Zeit war kein Platz mehr. Sie wusste nicht mehr weiter und hatte sich vollkommen aufgegeben. Jetzt ist sie hier und hofft, nicht wieder zurück geschickt zu werden.

Susie hat Angst, nicht bleiben zu dürfen, da sie so schlimm aussieht. Sie versichert mir wieder und wieder, mit genug Platz und einem Mensch, der sich nur ein wenig um ihr Fell kümmert, benimmt sie sich gut und macht sich auch nicht wieder schmutzig. Ich glaube ihr. Jetzt wo sie ihren Panzer los ist, ist sie eine richtig Süße. Ich versichere ihr, dass sie bestimmt nicht mehr zurück muss, warne sie aber vor dem Tierarzt.
Spike sollte ein Grundstück bewachen, soweit war es in Ordnung für ihn, aber dann schnitt ein Mann ihm die Ohren ab. Er hatte keine Ahnung warum. Von dem Tag an wurde er an einer Kette gehalten, wie so viele hier. Er sah nie andere Hunde. Ewig bewachte er ein verlassenes Grundstück, bei dem niemand vorbei kam, in der Hoffnung, er sei mit dieser Aufgabe irgendwann fertig. Als er später krank wurde, setzte ihn der Mann, der ihn damals angekettet hatte, an der Straße aus.

Ich wusste nicht mehr, ob ich mich auf Deutschland freuen sollte, wer weiß, vielleicht war es da noch schlimmer. In meinem kurzen Leben hatte ich nur nette Menschen kennen gelernt, doch die älteren Hunde hier, ja sogar manch ein Welpe hatte Schreckliches zu berichten.

Michaela

Hier war ich wenigstens sicher, denn Michaela passte auf uns alle auf.

Michaela ist die Frau, die sich so lieb um jeden Hund hier kümmert. Sie hat Spike etwas zu Essen und Medikamente gegeben, Susie von ihrem Panzer befreit und sie wieder richtig hübsch gemacht. Wann immer es einem von uns schlecht geht, verspricht sie uns, bald ein schönes zu Hause zu haben, in dem wir die erste Geige spielen und es uns nie wieder an etwas fehlen wird. Wenn ich höre, wie Michaela von Deutschland redet, kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als schnell dort hin zu kommen. Ein Dorf, in dem man einen Menschen ganz für sich hat, der auf einen aufpasst und einen mit Essen versorgt, was will man mehr?

Wenn sie mit Besuchern redet, höre ich oft, wie sie davon spricht, wie schlecht es vielen Hunden hier in Kalamaki und den anderen Dörfern geht. Viele leben an einer Kette oder werden einfach vergiftet. Festos hatte Recht, ich hatte Glück, zu Michaela zu kommen, sie passt auf, dass uns niemand vergiftet und sie würde uns nie schlagen. Ich hoffe, die kleinen Welpen und auch die großen Hunde, die schon viel Schlechtes erlebt haben, gewinnen ihr Vertrauen in die Menschen zurück.
Nun schaue ich erstmal wieder nach meinen beiden Menschen. Seit ein paar Tagen, werde ich sie kaum noch los. Sie haben wohl verstanden, dass ich nicht ohne sie leben kann.

Einen Abend vor der Abreise meiner auserwählten zukünftigen Begleiter steht es fest, meine Mühen haben sich gelohnt, sie nehmen mich mit nach Deutschland. Ich kann mich endlich selbst davon überzeugen, wie es ist ein zu Hause zu haben.
Die Reise war sehr angenehm, man legt sich in eine Box und wenn man aufwacht, ist man da. Nach den Erzählungen von Festos hatte ich erwartet, Deutschland wäre ganz weit weg, aber in Wirklichkeit ist es kaum weiter als das nächste Dorf.

Ein Gastbeitrag von Nadine Brandt.

Bild & Quelle: Nadine Brandt