Für die meisten Leser mag es unvorstellbar sein mit 16 Hunden im Haus zu leben und darüber hinaus im eigenen Hundeheim weitere 50 zu betreuen.

Wir, das sind mein Mann Christian (53) und ich, Karin (56) haben seit 20 Jahren unser Leben dem Tierschutz verschrieben. Wie so alles im Leben, fing auch das ganz klein an.

Karin Magnum2

Karin & Magnum
Bild & Quelle: Karin Schramm

Das Bahnwärterhäuschen bildet den Kern

Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir acht eigene Tierschutzhunde – sieben Schäferhunde und einen Cocker- was ja schon weit über die Anzahl hinaus geht, die Otto Normalverbraucher gemeinhin als normal empfindet. Aber wir wollten mehr tun, wir wollten mehr helfen. Wir kamen in Kontakt mit zwei Tierschützerinnen, die immer wieder nicht wussten wohin mit den Hunden, die sie aus schlechter deutscher Haltung befreit hatten, denn oft waren es große Hunde und für die war es schwierig Pflegestellen zu finden. Da unsere Liebe besonders den großen Hunden gehört und wir in Rheinhessen ein altes Bahnwärtehaus mit 8000 m² Gelände unser eigen nennen, war schnell klar, dass wir auf einem Teil des Geländes Unterbringungsmöglichkeiten und Ausläufe für diese Hunde bauen würden. Tja so gings 1997 erst mal ganz harmlos im Kleinen los.

Grace Mozart Coco Leo Annie

Bild & Quelle: Karin Schramm

Wir hatten eine klare Vorstellung, was wir wollen

Eins war von vorneherein klar: Es würde keine Zwingerlandschaft und keine Einzelhaft für die Hunde geben. So entstand mit den Jahren Stück für Stück in kompletter Eigenarbeit unser Hundeheim, das heute 16 Gruppen mit im Schnitt 50 vornehmlich großen und sehr großen Hunden beherbergt. Jede Gruppe hat um die 250 m² Gelände mit Kletter- und Spielgerüst und eigenem Hundehaus. Einige kleinere Gehege gibt es für die Unterbringung von sehr scheuen Hunden, um überhaupt erst mal mit der Zeit an die Hunde heran zu kommen und eine Beziehung aufbauen zu können.

So gründeten wir unseren eigenen Tierschutz-Verein

Im Juni 2001 gründeten wir dann den Verein Tierschutz Wörrstadt-Hunde suchen ein Zuhause e.V. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir alle Unkosten privat bestritten, dass frass uns dann langsam die Haare vom Kopf.

Als gemeinnütziger Verein konnte ich das Futter beim Großhändler bestellen und wir konnten Spendenbescheinigungen ausstellen.

Ein ganz wichtiger Punkt war auch, dass wir das Hundeheim, die Helfer und die Hunde versichern konnten, denn wäre etwas passiert hätten wir mit unserem letzem Hemd gehaftet.

Um unseren Hunden besser helfen zu können machte Christian 2006 eine Trainerausbildung bei Animal Learn im Chiemgau und ich von 1997-1999 eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin. Im „vorherigen Leben“ war Christian studierter Innenarchitekt, hatte aber keine Lust in einem Möbelhaus zu versauern und hängte nach einer Weile seinen Halbtagsjob für die Hunde an den Nagel.

Christian Lore

Christian mit Lore
Bild & Quelle: Karin Schramm


Also war ich zuständig den Lebensunterhalt für uns und die Fellnasen herbei zu schaffen. Das tat ich 30 Jahre lang als Kriminalbeamtin bis ich 2009 aus gesundheitlichen Gründen ausgemustert wurde und endlich Vollzeit für unsere Hunde da sein konnte.

Mit uns im Haus lebt eine bunte Gruppe an Hunden, derzeit zehn Rüden und sechs Hündinnen zwischen sechs und 14 Jahren.

Alt, krank, behindert, total scheu und durch Misshandlung so verstört, dass sie keinerlei Aussicht auf eine Vermittlung haben. Das ist unsere Familie, die wir liebevoll die „Restpostenarmee“ nennen.

Wird ein Platz frei rutscht einer der Langzeitkandidaten aus dem Hundeheim nach, wenn er gut genug verträglich ist um in so einer großen Gruppe zu leben.

In unserem Haushalt würde jeder, der auf ein klinisch reines Heim Wert legt in kürzester Zeit dem Wahnsinn anheim fallen. 16 Hunde, die haaren, Türen, die auch im Winter meistens offen stehen und 16 Hunde, die bei Regenwetter rein- und rauslaufen und auf den vom Vorbesitzer verlegten weißen(!) Fliesen ihre Pfotenabdrücke hinter lassen. Überall große Badetücher und Bettlaken auf dem Boden, um den gröbsten Dreck aufzufangen… Zu zimperlich und etepitete sollte man da nicht sein, aber eigentlich hat man für so Banalitäten sowieso keine Zeit. Deswegen sind auch die Möbelstücke die wir im Gebrauch haben auf ein Minimum beschränkt, da sie nur Platz für ein weiteres Hundebett wegnehmen würden.

Abschied nehmen gehört (leider) dazu

Mit so vielen alten Hunden steht uns öfter ein trauriger Abschied ins Haus. 38 Hunde haben wir bereits bis zu ihrem Tod begleitet.

Aber das Wichtigste ist, dass sie alle vorher noch mal ein gutes und behütetes Leben erfahren haben. Die Länge der Zeit spielt dabei eigentlich keine Rolle, denn auch ein einziger guter Tag in einem miserablen Leben heißt, dass unser Schützling ein gutes Gefühl zum mit rüber nehmen hat und nicht ungeliebt und einsam den letzten Weg antreten muss und das ist das was zählt.

Hoover Bett1

Als Hoover zu uns kam war er ein Wrack und wir dachten wir machen ihm noch 3 schöne Wochen und das wirds dann gewesen sein. Daraus wurden unglaubliche wunderschöne dreieinhalb Jahre bis er mit 15 Jahren an Altersschwäche starb.
Bild & Quelle: Karin Schramm

Arbeitsromantik in allen Ehren…

Oft hören wir von Leuten, dass unser Leben für die Hunde auch ihr Wunschtraum wäre. Wirklich? So romantisch ist das alles allerdings nicht.

Es ist schwere Arbeit mit im Schnitt 16 Stunden Tagen an 365 Tagen im Jahr egal ob Wochenende oder Feiertag. Bei jedem Wetter, ob 20 Grad Minus oder 30 Grad Plus.

Urlaub ist ein Fremdwort, der letzte war 1996 und gemeinsam unternehmen können wir auch nichts mehr, denn einer muss immer im Hundeheim sein. Der Preis, den wir zahlen um so vielen Hunden zu einem neuen Leben verhelfen zu können ist hoch, aber unsere Hunde sind jede Mühe wert.

Finanzielle Zwänge allerortens

Bis auf unsere selbst ausgebildete Tierpflegerin arbeiten alle bei uns inclusive Christian und mir ehrenamtlich. Da wir unser Hundeheim ohne Zuschüsse aus eigener Kraft tragen und finanzieren, ist es unmöglich an die Einstellung weiterer Tierpfleger oder Hilfskräfte auch nur zu denken. So ist jeder von uns drei Vollzeitlern Mädchen für alles. Zum Glück stehen uns noch einige ehrenamtliche HelferInnen zur Seite, ohne die es kaum ginge.
Was uns immer wieder zermürbt ist nicht die Arbeit mit und für die Hunde. Sie belohnen uns täglich auf ihre ganz spezielle Weise mit ihrer Liebe und Zuneigung, ihren Späßen und Fortschritten.

Nein, es sind die Menschen mit ihrer Ignoranz, Brutalität, ihrem grenzenlosen Egoismus und ihrer Rücksichtslosigkeit.

Das kostet wirklich Nerven und über die Jahre haben wir uns zwangsläufig ein dickes Fell zugelegt. Das ist notwendig, hilft aber bei vielen Situationen die wir erleben auch nur noch bedingt.

Billie Haus 3

Bild & Quelle: Karin Schramm

Was wir da so alles erleben, das könnt ihr im nächsten Blog lesen.

Ein Gastbeitrag von Karin Schramm, vom Tierschutz Wörrstadt-Hunde suchen ein Zuhause e.V.