Im Bemühen, Euch die spannendste und beste „Hunde-Literatur“ zu präsentieren, sprechen wir regelmäßig mit diversen Verlagen, um Euch nicht nur einen Abriss eines Buches zu geben, sondern eine Leseprobe gleich obendrein.

Heute geht es um „Ein Hund namens Jimmy“ vom Brasilianer Rafael Mantesso. Dieser Hund könnte zumindest den modeinteressierten unter Euch etwas sagen. Er ist nämlich so etwas wie das Gesicht (oder vielmehr die Schnauze ;-) des Designers Jimmy Choo geworden. Ein Hund als Werbeikone. Schaut Euch mal dieses Video von Jimmy Choo an – ziemlich abgefahren!

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Für die Eiligen unter uns – Um was gehts in dem Buch?

Die Geschichte von „Ein Hund namens Jimmy“ fängt traurig an. Autor Rafael Mantesso wird von seiner Frau verlassen. Flapsig dahingesprochen meint er nur noch zu ihr „nimm, was immer Du wills, aber der Hund bleibt“. Gesagt, getan. Sie hat alles mitgenommen: Nicht einmal ein Abfalleimer war übrig geblieben…! Und das an seinem 30. Geburtstag! Während Rafael noch übermannt von seinen Gefühlen ist, spielt Jimmy, der Hund, mit übersprudelnder Freude in den verlassen Zimmern der Wohnung- in einem leeren Karton. Die Geburtstunde eines Superstars.

Leseprobe

Am 14. Januar wachte ich früh auf. In der schwülen Hitze, die im Januar in der brasilianischen Stadt Belo Horizonte herrscht, kann man unmöglich lange schlafen. Ich öffnete die Augen und sah hoch zur weißen Decke. Ich schob die Spitze meines linken Fußes unter das weiche Laken, das auf dem Doppelbett lag, und erkundete das neu gewonnene Territorium. Als mein Blick den Fußboden streifte, sah ich Jimmy Choo, der seinen Kopf auf die weiche, graue Kuscheldecke gelegt, den Körper aber auf dem kühlen Fußboden ausgestreckt hatte, und lächelte. Ich stand auf, um mir die Zähne zu putzen, und Jimmy Choos Augen folgten jedem meiner Schritte. Im Badezimmer fing ich an, das Ausmaß des Tsunamis zu begreifen, der meine Wohnung geflutet hatte. Meine Ex-Frau war am Tag zuvor gegangen. »Nimm, was immer du willst«, hatte ich zu ihr gesagt. »Jimmy Choo bleibt.« Während ich mir die Zähne putzte, ging ich durch die Wohnung und öffnete wahllos Schränke und Türen. Das Schränkchen über dem Waschbecken war praktisch leer – keine Spur mehr von den Dutzenden von kleinen Behältnissen mit Lotionen und Parfums, die die Anwesenheit einer Frau im Haus verraten. Im Kleiderschrank baumelten meine paar wenigen Kleidungsstücke . Ich durchquerte Wohnzimmer, Veranda, Küche, Schlafzimmer. Sämtliche Stühle, Tische, Sofas, Lampen, Schränke, Gläser aller Schattierungen und Größen, Gedecke, Pfannen waren verschwunden. Nicht mal ein Abfalleimer war übrig geblieben, in dem man die Verpackung des Toilettenpapiers hätte entsorgen können, das gerade zur Neige ging. Sie hatte alles mitgenommen. Es war mein dreißigster Geburtstag. Die wenigen Freunde die ich hatte, wussten, dass ich es hasse, meine Geburtstage zu feiern.

Ich würde den Tag alleine verbringen. Unerwarteterweise überkam mich plötzlich ein starkes Gefühl der Euphorie.

Ich war mir nicht sicher, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Auf dem Boden neben dem Bett startete Jimmy Choo einen amourösen Angriff auf seine flauschige Decke, nahm sie zwischen die Zähne und knurrte leise. Er war hungrig. Hundefutter im Napf und übrig gebliebener Joghurt in einer Tasse waren unser Frühstück. Ich zog mir bequeme Klamotten an, befestigte die Leine an Jimmys Halsband, und wir machten uns auf zu seinem Morgenspaziergang. Die Wärme der Sonne tat uns beiden gut. Aus dem üblicherweise vierzigminütigen Spaziergang wurde ein zweistündiger Ausflug. Wir kamen mit einem neuen Abfalleimer nach Hause zurück.

Während ich den Abfalleimer aus seiner Verpackung wickelte, schien Jimmy Choo aufzufallen, dass das Haus leer war und dass es jetzt nur noch uns beide gab. Und im Gegensatz zu mir wusste er genau, was er fühlte: übersprudelnde Freude.

Er sauste mit Höchstgeschwindigkeit durch alle Zimmer, um das gesamte Territorium in Beschlag zu nehmen. Hin und wieder kam er zu mir zurück, hüpfte an mir hoch und verschwand dann wieder.

Bullterrier drücken ihre Liebe zu ihrem Besitzer am deutlichsten von allen Hunderassen aus und sie scheuen keine Mühe, um ihre Hingabe zu zeigen. Jimmys Freude war ansteckend. Lachend schnappte ich mir mein Handy und fing an, ihn zu fotografieren. Jimmys weißer Körper passte wunderbar zu den weißen Wänden der leeren Wohnung.

Wir fingen an zu spielen, und ich hielt auch das auf Fotos fest:

  • meine Füße zwischen Jimmys Pfoten,
  • Jimmy mit seiner Kuscheldecke,
  • Jimmy beim Tragen meiner Wildlederstiefel.
  • Als wir erschöpft waren, setzte Jimmy sich neben die leere weiße Verpackung, in der unser neuer Abfalleimer gesteckt hatte, aber aus meiner Perspektive sah es so aus, als steckte Jimmy im Karton. Und plötzlich hatte ich das Bedürfnis, etwas zu tun, das ich seit zwölf Jahren nicht mehr gemacht hatte: zu zeichnen. Mit der Spitze eines breiten Filzmarkers zeichnete ich ein stilisiertes Röntgenbild von Jimmy auf die weiße Schachtel, ein Skelett mit einfachen, weißen Knochen und einem Herz, das ich mit einem roten Stift ausmalte. Jimmy blieb geduldig sitzen, bis ich die Zeichnung fertig und ein neues Foto geschossen hatte. Mir gefiel das Bild, und ich postete es auf Instagram – mein erstes Foto von Jimmy in Kombination mit einer Zeichnung. Der Erfolg kam augenblicklich. Jede Menge Likes.

    Meine nun Ex-Frau und ich haben lange überlegt, bevor wir uns einen Hund anschafften. Zum Glück erlauben es mir meine flexiblen Arbeitszeiten, mich um einen Hund zu kümmern, täglich mit ihm spazieren zu gehen und zu spielen. Ich recherchierte, welche Art von Hund zu mir passen könnte, und überlegte mir sogar, was für Eigenschaften er haben sollte.

    Ein weißer englischer Bullterrier mit gescheckten Ohren sollte es sein. Die Namensfindung überließ ich meiner Frau, die Modedesign studierte – sie entschied sich für den Namen ihres Lieblings-Schuhlabels.

    An dem Tag, an dem wir den Welpen bei der Bullterrier-Züchterin abholten, erinnerte ich mich daran, was mein Vater, ein Landwirt, der viel über Tiere weiß, mir geraten hatte: »Wenn du einen treuen Hund willst, nimm den, der dir als Erster aus dem Wurf entgegenkommt. Er ist der Anführer des Rudels.« Ich wünschte mir einen weißen Hund, und wie es der Zufall wollte, tapste uns der einzige weiße Welpe im Wurf mit schnellen Stolperschritten entgegen, als wir den Zwinger betraten. Er war der richtige.

    Die Züchterin versuchte uns davon zu überzeugen, dass der weiße nicht der stärkste oder lebhafteste des Wurfes war. Aber in meinem Kopf war der kleine Racker bereits ein Teil meiner Welt, und ich konnte es kaum abwarten, ihn auf meinem Balkon herumlaufen zu sehen.

    Als sie merkte, dass ich mich bereits entschieden hatte, war sie einverstanden und nahm sich einige Zeit, um mir zu erklären, inwiefern sich Bullterrier von anderen Hunden unterscheiden und wie man sie versorgt. So erfuhr ich, dass Pfotenstupser, Kinnhaken, Nasenstüber und Zusammenstöße ein Teil meines Alltags mit Jimmy Choo sein würden. Hunde wählen ihren Menschen selbst aus, und nach wenigen Tagen war klar, dass Jimmy Choo mich zu seinem Herrchen erkoren hatte. Manchmal machten meine Frau und ich einen Test: Jeder von uns ging in eine andere Ecke der Wohnung und rief nach Jimmy. Und er kam jedes Mal zu mir getrabt. Meine Ehe war nicht mehr die beste, aufgrund von Problemen, die wir schon gehabt hatten, lange bevor Jimmy Choo auf den Plan getreten war. Und bald fingen meine Frau und ich an, über Trennung zu sprechen. Die Diskussionen wurden hitziger, und vieles wurde gesagt, aber darüber, wer Jimmy behalten würde, gab es niemals Streit. Egal wie es ausgehen würde, er würde bei mir bleiben.

    Im Rahmen unserer Bemühungen, unsere Ehe zu retten, hatte ich versucht, eine Therapie zu machen. Dort erfuhr ich, dass ich an einer milden Form von Asperger-Syndrom leide.

    Plötzlich gab es eine Erklärung dafür, warum ich mir Kennzeichen leicht merken konnte, aber lieber acht Stockwerke zu Fuß die Treppen hinunter und durch die Tiefgarage lief, anstatt einfach den Aufzug zu nehmen, wo ich freundlichen Nachbarn hätte begegnen können – diese Angewohnheiten waren Anzeichen für Asperger. Die Diagnose war eine Erleichterung für mich, aber auf die Auseinandersetzungen mit meiner Frau hatte sie keine Auswirkung. Mehr als zwei Monate, nachdem ich ins Gästezimmer umgezogen war, erklärten meine nun Ex-Frau und ich die Sache für beendet, und sie ging am 13. Januar. Jimmy Choo hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie gerne er mit mir und niemandem sonst zusammen ist. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, begrüßt er mich Tag für Tag mit der gleichen unbändigen Freude, die leidenschaftliche Fans Rockstars entgegenbringen. Für mich, einen Mann mit nur wenigen Freunden, der gemeinschaftlichen Unternehmungen immer schon eher abgeneigt war, wurde Jimmy nach dem Ende einer zwölf Jahre währenden Beziehung zur Verbindung mit der realen Welt. Wegen ihm musste ich in den Supermarkt gehen, um Hundefutter zu kaufen, und das erinnerte mich daran, auch Essen für mich zu besorgen. Wegen ihm musste ich mindestens zweimal am Tag zum Spazierengehen aus dem Haus. Jimmy gab meinem Leben nach der Trennung Struktur, und die emotionale Verbindung zwischen Hund und Besitzer wurde immer stärker. Als Jimmy und ich uns in unserem neu gewonnenen Leben in unserem weißen, leeren Apartment einfanden, machte ich weiter kreative Bilder von ihm. In unserer Beziehung bin ich das Alpha-Tier, das den Ton angibt, aber dies auf sehr sanfte Weise.

    Jimmy ist voller Liebe und Respekt für mich. Es gibt nichts, was er nicht für mich tun würde.

    Sitz machen, Männchen machen, mit den Ohren wackeln, mit dem Schwanz wedeln. Ich weiß, was Jimmy zum Gähnen, zum Augenbrauenrunzeln, zum Knurren bringt. Er tut alles für ein Leckerli und verdient sich ein Stück rohes Fleisch mit einem Rückwärtssalto.

    Wenn er bei mir ist, schläft Jimmy auf dem Rücken, was eine sehr verletzliche Position für einen Hund ist, die er nur einnimmt, wenn er sich absolut sicher fühlt.

    Wenn ich zu Hause bin, ist Jimmy immer an meiner Seite. Als ich begann, Jimmy zu fotografieren, legte ich bald einige Parameter für die Bildgestaltung fest.

    • Schwarz und Weiß sollten die Bilder dominieren.
    • Der sparsame Einsatz von Rot, Holztönen und etwas Blau, was Jimmys ingwer- und rosafarbene Ohren gut ergänzt, war akzeptabel.
    • Die Fotos sollten nur wenige Elemente enthalten, denn jedes zusätzliche Detail hätte von Jimmys klaren Körperformen abgelenkt, und ich war mir ganz sicher, dass ich ihn als Mittelpunkt der Bilder wollte.
    • Und, noch wichtiger: Jimmy sollte nie bedrängt oder klein gemacht wirken (oder sich so fühlen) – er sollte immer das Hauptmotiv, der Star bleiben.
    • Außerdem: Alle Elemente im Bild sollten real sein, ich wollte keine nachträglichen Photoshop-Basteleien.
    • Jedes Bild sollte von mir geschaffene Zeichnungen enthalten und Alltagsutensilien wie Stühle, Staffeleien und andere Gegenstände, mit denen ich mein leeres Zuhause allmählich neu bestückte.
    • Und, besonders wichtig: Die Fotos sollten ohne Bildunterschriften auskommen, denn aus meiner Sicht ist ein Bild, das einer Erklärung bedarf, kein gutes.

    Mithilfe dieser Regeln begann ich, die zahllosen in meinem Kopf (die Festplatte eines Werbe-Mannes) gespeicherten Szenen zu entwickeln, die die Hintergründe meiner Jimmy-Bilder abgeben sollten. Berühmte Werbespots, Cartoons, Graphic Novels, Plakate von Kinoklassikern, Albumcover, Graffitis von Banksy, Bilder von Basquiat, Losungen, Schlagwörter – vieles passte zu dem weißen Hund mit den ingwerfarbenen Ohren. Ich liebte es auch, ihm meine eigenen neuen Welten zu zeichnen, in denen er glänzen konnte. Wir fotografierten nachts, wenn es nicht so heiß war, und meist alleine – außer, wenn sporadisch Freunde zum Helfen vorbeikamen.

    Jimmy Choo und ich verbrachten fast neunzig Fotoshooting-Nächte zusammen. Eine davon an Heiligabend. Jimmy spielte Santa, hatte eine Nikolausmütze auf und war mit Leuchtketten umwickelt.

    Ich tätowiere meinen Körper seit langer Zeit, und die auf meinem linken Arm eingeritzten Motive erinnern mich an besonders prägende Lebensereignisse. Jimmy ist auf meinem Arm bereitsseit Jahren verewigt. Einen Hund interessiert es nicht, ob du reich, arm, klug oder dumm bist. Schenk einem Hund dein Herz, und er wird dir seines geben. Von wie vielen Menschen kann man Ähnliches behaupten? Bei wie vielen Leuten kann man sich geschätzt, echt, bedeutsam und wie etwas Besonderes fühlen? Jimmy tut mir gut. Er bringt mich zum Lachen und ist ein treuer Begleiter. Mit diesen Bildern möchte ich die Liebe zum Ausdruck bringen, die er mich zu fühlen gelehrt hat. Ich bin kein geselliger Typ und unterhalte mich ungern mit fremden Leuten, aber wenn ich von Jimmy Choo erzähle, neige ich dazu, regelrecht loszusprudeln. Er hat mir gezeigt, was bedingungslose Liebe bedeutet, und dieses Buch ist meine Art, sie an die Welt weiterzugeben. Wir hoffen, es gefällt euch.

    Worauf Ihr alle gewartet habt

    Hinweis: Klickt auf die Bilder, um sie größer zu machen!

    Fazit

    Wir sind hin und weg. Prädikat: „Haben wollen!“
    Das Buch „Ein Hund namens Jimmy“ eignet sich hervorragend als Geschenk für Hundeliebhaber, aber auch als Inspirationsquelle für einen selbst. Und macht sich zudem äußerst gut als Dekoelement im heimischen Wohnzimmer…

    Addendum: Wie die Bilder entstanden sind – Video

    Rafael Mantesso gibt einen Einblick, wie die Fotoshootings abgelaufen sind… Herrlich!

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    Wie komme ich an das Buch „Ein Hund namens Jimmy“?

    Beim Buchhändler Eures Vertrauens solltet Ihr fündig werden können. Sucht einfach dieses Buchcover ;-)

    ein hund namens jimmy - buchcover

    Bild & Quelle: Rafael Mantesso, Knesebeck Verlag


    Falls nicht vorrätig, helfen Euch diese Eckdaten sicherlich weiter:
    Rafael Mantesso
    Ein Hund namens Jimmy
    Gebunden, 128 Seiten
    mit 120 farbigen Abbildungen,
    aus dem Englischen von Christine Schnappinger
    Preis € [D] 16,95 [A] 17,50
    ISBN 978-3-86873-870-4
    Erscheinungstermin 12. Oktober 2015

    Weitere Infos zu „Ein Hund namens Jimmy“ gibt es auf der Webseite bzw der Facebookseite des Kenesebeck Verlags.

    Bild & Quelle: Rafael Mantesso, Knesebeck Verlag